Großeinsatz nach Bombenfund
Aus Sicherheitsgründen mussten 18 500 Anwohner ihre Häuser verlassen, darunter 180 Menschen in zwei Altenheimen in der Luitpoldstraße. Experten des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz haben eine bei Bauarbeiten in der Brechlochstraße gefundene 500-Kilo-Weltkriegsbombe entschärft. Zuvor waren die Zufahrtsstraßen nach Friesenheim in einem Radius von 1000 Metern um den Fundort großräumig abgesperrt worden. Großeinsatz für Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste. Sie mussten die gesperrte Zone sichern. Raus kam man ohne Probleme, rein nur mit gutem Grund. Nicht jeder hatte dafür Verständnis. „Ich muss meine Mutter abholen“, sagte ein Autofahrer an einer Absperrung in der Leuschnerstraße. Ortsunkundige, die nichts von der Evakuierung wussten, fragten nach alternativen Wegen. Viele Friesenheimer nutzten die Gelegenheit, bei schönem Wetter spazieren zu gehen – etwa in den Ebertpark. Der war nämlich „außen vor“. Gut 550 Evakuierte hatten sich in der Eberthalle eingefunden, wo sie von Helfern mit Essen und Getränken versorgt wurden. „Steht unser Haus nachher noch?“, fragte ein Junge ein wenig besorgt. Insgesamt war die Evakuierung für ihn aber eine spannende Sache. Relativ entspannt sah kurz vor 11 Uhr einer der Spezialisten des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz aus. „Von Routine möchte ich nicht sprechen, aber die Stimmung ist positiv“, betonte Marco Ofenstein. „Wir können den Kopfzünder sehen. Der zweite Zünder, der Heckzünder, ist noch im Erdreich verborgen.“ Erst als dieser freigelegt war, konnte die Bombe entschärft werden. Loslegen konnten die Experten aber erst, nachdem alle Anwohner aus der Sperrzone evakuiert war. Das lief eher mühsam. Eigentlich sollte die Evakuierung bis 12 Uhr abgeschlossen sein, doch erst um 13.05 Uhr konnten die Bombenentschärfer mit ihrer Arbeit beginnen. Verzögerungen bei den Krankentransporten waren ein Grund, ein anderer renitente „Evakuierungsverweigerer“. „Einige wollten das Gebiet nicht verlassen“, erklärte Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) bei einem Vor-Ort-Termin mit Medienvertretern. Sie selbst war mit Feuerwehrdezernent Dieter Feid und Feuerwehrchef Stefan Bruck unterwegs, um die letzten Bürger zum Verlassen der Wohnungen aufzufordern. „Das ist nicht nur unverantwortlich für die eigene Person, sondern auch respektlos gegenüber den anderen, weil so der Ablauf verzögert wurde.“ Einige Platzverweise seien ausgesprochen worden, fügt Feid hinzu. „Wie viel genau, kann ich noch nicht sagen. Auch nicht, ob wir Ordnungsstrafen verhängen werden.“ Mehr Aufregung als ihm lieb war, hatte auch Sven Forster. Der 36-Jährige ist der Baggerführer, der die Bombe am Mittwoch bei einem Erdaushub gefunden hat. „Ich habe Mauersteine weggezogen. Auf einmal war da was Festes, was sich nicht wegziehen ließ.“ Am Anfang habe er auf Facebook noch Witze gemacht, ob das jetzt eine Bombe sei. „Bis jemand schrieb: Ja, das ist eine. Da war ich dann schockiert.“ Als Forster dann gegen 14.30 Uhr vor der entschärften Bombe stand, war er erleichtert: „Ich kann nur sagen: Glück gehabt! Es hätte mich und zig andere im Umfeld treffen können.“ Auch bei Steinruck herrscht nach der Aktion Erleichterung: „Ich bin froh, dass alles so gut gelaufen ist. Als der Kampfmittelräumdienst losgelegt hat, bin ich schon nervös geworden. Es war die erste Bombenentschärfung für mich als Oberbürgermeisterin.“ Einen großen Dank schickt sie an alle der rund 350 Einsatzkräfte und Helfer: „Die Zusammenarbeit hat sehr gut geklappt. Das beruhigt mich für die Zukunft.“ Denn der jetzige Bombenfund dürfte nicht der letzte gewesen sein. Ende der 1990er Jahre wurden zwar Luftbilder ausgewertet, Blindgänger gefunden und entschärft. Doch angesichts der Bombenlast, die im Zweiten Weltkrieg auf die Chemiestadt niederfiel, dürften noch einige im Erdreich verborgen sein. „Die Erfolgschancen, bei Erdarbeiten etwas zu finden, sind vergleichsweise hoch“, bestätigte Stefan Bruck. Grund zur Panik bestehe aber nicht. red