Tafel baut Standort weiter aus
Ein weißer Ford hält am Seiteneingang. Hinten wird die Tür aufgemacht, dann muss es schnell gehen: Kistenweise werden Obst und Gemüse in grünen Boxen herausgereicht, dann Joghurt und Wurstwaren auf einem Transport-Rolli verstaut. „Erst Karawane bilden, dann Tür öffnen“ ist am Seiteneingang zu lesen. So lassen sich Heizkosten sparen. „Bis zum letzten Winter hatten wir keine Heizung“, sagt einer der ehrenamtlichen Helfer, der mit anpackt. Auch sonst sieht es in den Räumen der Ludwigshafener Tafel in der Bayreuther Straße eher spartanisch aus. Davon konnten sich Besucher beim Tag der offenen Tür am Samstag überzeugen. Die Tafel ist das größte soziale Projekt in der Stadt, von dem auch Friesenheimer Bedürftige profitieren. Sie wurde vom Verein zur Förderung des Ehrenamts (Vehra) vor 13 Jahren gegründet, um etwas gegen Armut und Lebensmittelverschwendung zu unternehmen. Mittlerweile geben 100 ehrenamtliche Helfer rund 15 Tonnen Lebensmittel pro Woche an bis zu 1000 Bedürftige ab, berichtet der Vorsitzende des Trägervereins, Jürgen Hundemer. „Unsere Kunden sind hauptsächlich Hartz-IV-Empfänger, öfter auch Asylbewerber oder ähnliche Personengruppen. Aber auch Rentner, Alleinerziehende oder kinderreiche Familien nutzen immer häufiger das Angebot“, berichtet Hundemer. „Mit unserer Arbeit retten wir Lebensmittel und unterstützen damit sozial benachteiligte Menschen.“ Vier Kühlfahrzeuge sind an sechs Tagen in der Woche im Einsatz, um Lebensmittel und Frischwaren von rund 40 SpenderUnternehmen in die Bayreuther Straße zu bringen. „Das klingt einfach, aber man muss dafür körperlich fit sein“, meint Maite Pintardo, die stellvertretende Leiterin der Tafel. Deshalb suche man händeringend nach Fahrern und Beifahrern für die Kühlfahrzeuge. Vor dem Hintergrund von Alters- und Kinderarmut sowie Zuwanderung sei man dabei, den Standort zu sanieren und auszubauen. So wird das rund 200 Quadratmeter große ehemalige Sozialkaufhaus ab November um einen Anbau aus drei Containern erweitert. Die Anschlüsse sind da, ein Durchbruch muss noch gemacht werden. „Hier bringen wir eine Reinigungsmaschine für Kisten unter“, erzählt Pintardo bei einer Führung. Bisher wird alles noch per Hand gespült, was sehr personalintensiv und auch teuer ist. Sie freut sich aber vor allem darauf, dass es im „Verkaufsraum“ nicht mehr ganz so beengt zugeht. Dort kommen sich Helfer und Bedürftige schon mal in die Quere. Denn Obst und Gemüse müssen in essbar und nicht mehr essbar, Joghurt und Milchprodukte nach Haltbarkeitsdatum sortiert werden. Das übernehmen etwa 20 Helferinnen. Verwertet wird fast alles, selbst labberiger Salat – für den finden sich im Tierheim Abnehmer. „Fisch, Fleisch und Wurst müssen noch am gleichen Tag verzehrt werden“, sagt Andrea Kolb. Sie sei eher zufällig auf die Tafel gekommen – über die Werbung am Auto – und fand die Einrichtung vom ersten Tag an „super“. Freundschaften habe sie hier geschlossen, betont die 54-Jährige aus Frankenthal. Und von den „Kunden“ bekomme man unheimlich viel zurück. Damit die Regale nicht gestürmt werden, werden Bedürftige nur nach und nach eingelassen. Ihr Korb wird von den Helferinnen gefüllt, je nach Personenzahl im Haushalt – ein bewährtes und faires System ohne Neid und Gedränge. „Grundsätzlich ist es aber die Aufgabe von Gesellschaft und Politik, Verschwendung und Armut abzuschaffen“, betont Hundemer. „Solange dies nicht geschehen ist, wird es auch die Ludwigshafener Tafel weiter geben.“ hbg