„Mastra“ kämpft für das Baderecht
Die sommerliche Hitze lockt viele Besucher ins frisch sanierte Mannheimer Strandbad. Auch viele Lindenhöfer sind dort regelmäßig anzutreffen. Die Promenade, der Strand – verlockend ist der Sprung in den Rhein – wäre da nicht seit 1978 das Badeverbot. Zumindest auf Mannheimer Seite, denn ein paar Meter gegenüber, am Ufer Ludwigshafens, ist das Baden erlaubt. Nicht nur für Jörn Heilmann vom Wasser- und Schifffahrtsamt Mannheim ist das eine skurrile Situation.
Nun wurde der Förderverein Mannheimer Strandbad (Mastra) aktiv und verfasste Mitte Juli einen offenen Brief an Oberbürgermeister Peter Kurz. „Was spricht dagegen, am Strandbad Mannheim ‚Baden auf eigene Gefahr’ zu erlauben?“ lautet die Überschrift des Briefes, den die Mastra-Vorsitzende, Gisela Korn-Pernikas, im Namen des Vereins an den OB richtete. Die Überlegungen: „Es gibt zahlreiche Gemeinden und Städte, die das Baden im Rhein nicht verboten haben, beziehungsweise sogar Flussschwimmbäder eingerichtet haben“, so Korn-Pernikas mit Blick auf Basel, Stein am Rhein oder Mainz. Mannheim werbe zurecht seit Jahren damit, die „Stadt an den zwei Flüssen“ zu sein und ein „Leben am Fluss“ mit hoher Lebensqualität für die hier lebenden Menschen zu bieten, schreibt sie weiter.
Das Strandbad als Badeort würde sich anbieten. Es ist beliebt, bietet viel Grün und einen langen Strand, und es kostet keinen Eintritt. „Seit vielen Jahren und Generationen ist das Schwimmen im Rhein am Strandbad Mannheim für die Menschen eine lieb gewordene und preisgünstige Freizeitbeschäftigung und Naherholung“, so die Mastra-Vorsitzende. Von gefährlichen Strömungen und Strudeln sei im Bereich des Strandbads nichts zu merken, durch die Kurve sei laut Mastra sogar die Fließgeschwindigkeit gebremst. „Es gab im Bereich des Mannheimer Strandbads unseres Wissens nach keine Unfälle oder gar Tote zu beklagen“, heißt es im offenen Brief. Tatsächlich kann man immer wieder Rheinschwimmer beobachten, die sich – wenn auf Mannheimer Seite – verbotenerweise im kühlen Nass treiben lassen. So schreibt auch Korn-Pernikas: „Keine Behörde wird auf Dauer dieses Badeverbot durchsetzen können, wie man jeden Tag am Strandbad sehen kann.“ Vor allem Hitzeperioden wie in den letzten Wochen führten nach Meinung des Fördervereins zu der paradoxen Situation, dass die Strandbadbesucher sauberes kühles Wasser vor sich sehen, darin aber nicht schwimmen dürfen.
Aber wie gefährlich schätzen Experten die Strömung am Strandbad wirklich ein? „Aus unserer Sicht ist das Strandbad kein Bereich, an dem das Schwimmen verboten ist“, so Jörn Heilmann. Die Strömung am Strandbad, das sich auf der Innenseite einer Kurve befindet, sei nicht so groß – gegen Flussmitte hin aber nicht zu unterschätzen. „Man muss schon ein geübter Schwimmer sein“, warnt Heilmann. Aber er kann nur aus Sicht des Schifffahrtsamts sprechen, das nur dort Badeverbote ausspricht, wo Schwimmen und Schifffahrt kollidieren würden. Beispielsweise an Umschlagstellen, Schleusen, unter Brücken oder bei Hafenein- und -ausfahrten. In Sachen Personenschutz und Gesundheit sei die Stadt Mannheim dafür zuständig, Badeverbote zu erlassen.
„Das Badeverbot am Strandbad Mannheim wurde in Jahren erlassen, als das Wasser durch fehlende Kläranlagen und Industrieverschmutzungen eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen darstellte“, schreibt die Mastra-Vorsitzende. Aber damals wie auch heute habe sich eine große Zahl „alter Strandbadler“ nicht abhalten lassen, in ihrem Rhein zu schwimmen und sich entlang des Strandbads am Rand treiben zu lassen.
Wie es allerdings aussieht, wird am Strandbad auch weiterhin das Baden verboten bleiben. „Das Rheinstrandbad erfüllt nicht die Anforderungen an ein Badegewässer nach der derzeit gültigen Badegewässerverordnung des Landes und könnte insbesondere aufgrund der häufigen Keimbelastungen des Rheins (Eintrag aus Kläranlagen und diffusen Quellen) nicht als offizielle Badestelle freigegeben werden. Außerdem ist das Baden alleine aufgrund der durch den regen Schiffsverkehr verursachten Sogströmungen viel zu gefährlich“, hieß es auf Anfrage von „Lindenhof aktuell“ seitens der Stadt. Auch Schwimmvereine und die DLRG befürworten das Badeverbot und verweisen auf die großen Gefahren starker Strömungen und der Binnenschifffahrt.
Dennoch stößt das anhaltende Badeverbot nicht bei allen Mannheimern auf Verständnis. So erreichte „Lindendhof aktuell“ Anfang August das Schreiben eines Lindenhöfers (der Name ist der Redaktion bekannt), das dieser an OB Kurz und die Stadtverwaltung richtete. „Im Grunde kann sich solch ein Vorgehen nur jemand ausdenken, der noch nicht erlebt hat, wie schön es ist, in der Rheinströmung zu schwimmen. Erst dann stellt man fest, was für ein Erlebnis diese Art von Schwimmen bedeutet“, schreibt der Leser unter anderem. Er appellierte an die Stadt, „den Liebhabern des Flussschwimmens ihr naturgegebenes Recht im Rhein zu schwimmen“ zu lassen.
Nur wenige Tage später geschah jedoch ein tragisches Unglück – ausgerechnet am Strandbad. Eine 87-jährige Schwimmerin ist im Rhein ertrunken. Die genaue Todesursache ist jedoch bislang nicht bekannt. Für Mastra ist der Unfall allerdings kein Grund, von einer Aufhebung des Badeverbots Abstand zu nehmen. „Wir fordern es nicht, wir haben nur die Frage gestellt“, so Korn-Pernikas zum offenen Brief. „Die guten Gründe gegen ein Verbot bestehen für uns weiterhin.“ Und tödliche Badeunfälle gebe es auch in Schwimmbädern und Weihern. Allerdings müsse im Fall einer Aufhebung auf die Gefahren hingewiesen werden, beispielsweise mit Schildern. Auch sei aus der Sicht Mastras eine strikte Abgrenzung zum Schifffahrtsbereich notwenig.
Ob das Verbot tatsächlich irgendwann aufgehoben wird, steht noch in den Sternen. Viele wird das jedoch wahrscheinlich nicht von ihrer Gewohnheit abhalten, sich weiterhin im Fluss treiben zu lassen. Hoffentlich unfallfrei und mit dem Bewusstsein, dass sie das Recht dabei bislang nicht auf ihrer Seite haben. jm