BBR: Gemeinsam kaufen, bauen & wohnen
Lediglich zwei Punkte standen auf der Tagesordnung der vergangenen Bezirksbeiratssitzung. In Punkt eins wurde hierbei ein sehr interessantes Vorhaben vorgestellt, das momentan auf dem Lindenhof realisiert werden soll: Ein sogenanntes „Gemeinschaftliches Wohnprojekt“. Was dies im Einzelnen bedeutet, erklärten die Verantwortlichen in der Sitzung.
Es geht um das Grundstück in der Meerfeldstraße 70-72. Seit vielen Jahren schon liegt es brach, wurde als Parkplatz von Anwohnern genutzt, im Winter konnte man dort Weihnachtsbäume erstehen. Seit einigen Wochen jedoch tut sich etwas dort, der Platz neben dem Sanitätshaus Wagner wird bebaut. Denn genau hier soll das „Gemeinschaftliche Wohnprojekt“ entstehen. Im Bezirksbeirat waren deshalb Thilo Hübner als einer der Bauherren und Architekt Goran Medan zugegen, um das Projekt ausführlich vorzustellen.
Gemeinschaftliche Wohnprojekte stehen für eine neue Form des Bauen und Wohnens unter dem Motto „Individuell planen. Gemeinsam bauen. Urban wohnen“. Das Thema etabliert sich in Mannheim immer mehr, so gibt es unter anderem bereits mehrere „Gemeinschaftliche Wohnprojekte“ auf den ehemaligen Turley Barracks. Die Vielfalt derartiger gemeinschaftlicher Projekte ist groß und das Spektrum (Mehrgenerationen-, Familiengerechtes-, Ökologisches- oder Altersgerechtes Wohnen) so unterschiedlich wie das Vorhaben selbst. Keine Gruppe gleicht der anderen.
Insgesamt sechs Parteien haben sich im Lindenhof nun im Vorfeld zusammengeschlossen, um das Grundstück an der Meerfeldstraße zu erstehen und gemeinsam das Bauprojekt zu stemmen. Der Bewerbungsprozess dauerte rund ein halbes Jahr, anschließend bekam die Gemeinschaft den Zuschlag. Gebaut werden dort sechs Wohneinheiten. Im Erdgeschoss – und das ist das Besondere an dieser Stelle – wird es einen Gemeinschaftsraum geben, der auch für die Öffentlichkeit bestimmt ist. „Dies war auch eine Auflage, die wir erfüllen mussten“, so Hübner. Gedacht ist dieser Raum für Veranstaltungen wie beispielsweise Kindergeburtstage, über die Nutzung konnte der Bauherr allerdings noch nicht viel sagen. Nur soviel: „Wir sind für Anfragen aller Art empfänglich“. Außerdem stellte er klar: „Das bleibt aber ein privater Raum, er gehört den sechs Parteien“, so Hübner. „Er soll aber kein Wirtschaftsfaktor für uns sein, sondern lediglich die anfallenden Kosten, wie Versicherung und ähnliches, tragen. Wir Refinanzieren nicht das Haus damit“. Auch dies wurde im Wettbewerb um die Ausschreibung vorher festgelegt.
Im Rat kam dieses Bauvorhaben sehr gut an, auch bei Dr. Klaus Dieter Lambert von den Linken, der allerdings nachfragte, in wieweit die Stadt dieses Projekt subventioniere. Hier konnte Inge Schäfer vom Fachbereich Stadtplanung und Bauförderung Auskunft geben: „Unsere Unterstützung bekommt das Projekt dadurch, dass wir das Grundstück nicht zum eigentlichen bestehenden Wert veräußert haben, sondern zum Verkehrswert. Das ist die Subvention“. Solche Modelle gebe es schon länger in Freiburg oder Tübingen. „Und in Mannheim, gibt es da noch mehr solche Projekte?“, so die Frage von Bezirksbeirat Wolf Engelen (FDP). „Noch nicht viele, aber es gibt einen Gemeinderatsbeschluss, dass solche Projekte mit städtischen Grundstücken in Zukunft unterstützt werden sollen“, so Schäfer, „hierfür gibt es auch ein Förderprogramm“.
Einen wunden Punkt sprach allerdings offensichtlich Bezirksbeirat Friedrich Lutterkort an, als er nach den Parkplätzen rund um das Gebäude fragte. Hier, so der Architekt Medan, habe man sich strikt an die festgesetzte Norm gehalten, das heißt sechs Wohnungen sind gleich sechs Parkplätze. „Das passt doch überhaupt nicht mehr in die Zeit“, so Lutterkort. „Heutzutage hat doch jeder Haushalt mindestens zwei Autos“. Außerdem sei die prekäre Parkplatzsituation im Stadtteil doch weitläufig bekannt. Sitzungsleiterin Elke Zimmer wies bei der anschließenden Diskussion allerdings darauf hin, dass die beiden Gäste hier das Projekt vorstellen wollten, sich an alle Vorgaben halten und „nicht in der Verteidigungsstellung sein sollten“.
So fand dann schließlich Stadträtin Prof. Dr. Heidrun Kämper noch sehr versöhnliche Worte zu dem Projekt: „Das ist ein innovatives Gemeinschaftsprojekt, ein Beitrag und erster Schritt, um Spekulationen einzudämmen und Missbrauch mit Grund und Boden zu verhindern“.
Die angespannte Kita- und Kindergartenplatzsituation im Stadtteil ist mittlerweile auch hinlänglich bekannt, in Punkt zwei der Tagesordnung stellte bei der Sitzung nun Xenia Stobbe vom Fachbereich Bildung die Betreuungssituation für Schulkinder vor. Das ernüchternde Fazit gleich zu Beginn ihrer Ausführungen: „Für alle Beteiligten ist diese räumliche Situation momentan nicht zufriedenstellend – über die Notwendigkeit für neue Räume herrscht Einigkeit“. Seit fast zwei Jahren schon suche sie gemeinsam mit der Caritas geeignete Räume, „das Zauberwort hierbei ist ‚geeignet‘, diese müssen den Ansprüchen für eine Kinderbetreuung genügen. Vor allem der Brandschutz muss gegeben sein“. Dies gestalte die Suche so schwierig. „Immer wieder ergeben sich Sachen, aber die werden dann oft wieder verworfen“, so Stobbe.
Woran man auch gerade mit Vehemenz arbeite, sei die Verbesserung der Essenssituation der Kinder an der Diesterwegschule, wo die Caritas auch Schulkinderbetreuung anbietet. „Das ist beschlossen, hier wird die Schulküche saniert und vergrößert, voraussichtlich im August“. Momentan gibt es insgesamt 240 Betreuungsplätze, es gibt eine Betreuungsquote von 78 Prozent – also weit über den Durschnitt, der bei 67 Prozent liegt.
Bezirksbeirat Friedhelm Klein (CDU) lobte zunächst die Ausführungen („hier wird nichts schön geredet“), fragte aber gleichzeitig, wie lange die Suche nach geeigneten Hortplätzen noch dauere. Dies konnte Stobbe nicht beantworten. Matthias Winkler von den Grünen holte da noch ein wenig weiter aus: „Momentan haben wir also 240 Betreuungsplätze auf dem Lindenhof, was passiert, wenn das Glückstein-Quartier fertig gestellt ist, viel mehr Menschen im Stadtteil wohnen und der Bedarf steigt?“. Auch hier konnte Stobbe keine Auskunft geben.
Peter Karbstein, ebenfalls von den Grünen, brachte folgenden Vorschlag ein: „Wenn etwas Neues im Entstehen ist und gebaut wird, wie beispielsweise jetzt am Lindenhofplatz, warum plant man dort nicht Räume für Betreuungsplätze ein?“. „Wenn etwas im Enstehen ist, dann fragen wir. Aber der Bauherr muss damit auch einverstanden sein“, so Stobbe.
Ein anderes Problem gab Stadträtin Kämper zu bedenken: „Selbst wenn wir Räume finden, wo kommen dann die Fachkräfte, die dort arbeiten sollen, her?“. Stobbe bestätigte, dass auch hier nachgebessert werden könnte.
Anschließend gab es zu dem Thema Wortmeldungen aus dem Publikum, zunächst Michael Kett vom Gesamtelternbeirat Mannheim. Er bemängelte, dass solche Statistiken, wie sie vorher genannt wurden, stets hinken, weil sie in die Planungen selten einbezogen werden. „Plötzlich merkt man ‚ups, wir brauchen noch Plätze‘ – wie jetzt beim Bau vom Glückstein-Quartier“. Seine Bitte: Bei den Planungen perspektivischer denken“.
Jan Habenicht von der Elterninitiative schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an. Er gab noch zu bedenken, dass aktuell 80 Kinder im Stadtteil einen Kindergartenplatz suchen. „Ich glaube schon, dass ein Großteil dieser Kinder später auch eine Hortbetreuung wünschen“.
Deshalb die Befürchtung der Eltern, dass die Stadt es verschläft jetzt schon für die nötigen Plätze in ein paar Jahren zu sorgen. Obwohl die deutlich höhere Nachfrage ja jetzt schon absehbar sei. Xenia Stobbe verwies abermals auf die Statistik, „ich glaube nicht, dass wir in den kommenden Jahren so viel mehr Kinder haben. Ich verstehe Ihre Sorgen, aber ich habe momentan keine Zahlen, mit denen ich losziehen und beim Kämmerer weitere Plätze beantragen kann“.
Eine Dame aus dem Publikum gab hierzu allerdings zu bedenken: „Sie beziehen sich ja jetzt auf die Zahlen der Kindergartenplätze, die es aktuell im Lindenhof gibt. Aber viele sind ja, weil sie keinen Platz bekommen haben, in andere Stadtteile ausgewichen. Und die kommen und wollen ja alle wieder zurück und hier auf die Schule gehen“. Bezirksbeirat Wolf Engelen stellte deshalb abschließend die Frage: „Rechnen wir hier mit alten Zahlen und steuern auf eine neue Katastrophe zu?“ sabi