„Hauptsache die Pizza schmeckt“

, ,

Sie agiert unauffällig und weitestgehend unter dem Radar: die italienische Mafia. Und laut des neuen Podcasts „Mafialand“ des SWR auch in Baden-Württemberg, wobei Mannheim eine wichtige Rolle spiele. Deshalb luden die Grünen-Landtagsabgeordneten Elke Zimmer und Susanne Aschhoff Ende September in die Lanz-Kapelle zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Schatten der Mafia: Italienische Organisierte Kriminalität in Mannheim“ ein. Als Gäste sollten Buchautor und Experte für die Mafia in Deutschland Sandro Mattioli sowie der Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg Andreas Stenger informieren. 

Der Andrang war groß – so groß, dass einige Interessierte sogar vor der Lanz-Kapelle standen, um den Vortragenden zuzuhören. Nach der Begrüßung durch die Gastgeber Elke Zimmer und Susanne Aschhoff führte zunächst Sandro Mattioli in das Thema ein.  Nach offiziellen Zahlen sind etwa 170 bis 200 Mafiosi in Deutschland. Der Verein „Mafianeindanke“, dem Mattioli vorsitzt, schätzt die Zahl mit 1000 weitaus höher. Die italienischen Behörden gehen sogar von bis zu 3000 Mitgliedern aus. 

„Das Bewusstsein, was Mafia überhaupt ist, ist in Deutschland immer noch ein falsches“, so Mattioli. Alles nicht so schlimm, Hauptsache die Pizza schmeckt. Doch diese Organisationen schaffen viel Leid und wirtschaftlichen Schaden. Und das schon lange nicht mehr mit altmodischen Methoden, wie man sie aus Filmen kennt.“ Es gebe sogar Beispiele, die ihm bekannt seien, dass bei  manchen Staatsanwaltschaften durchaus die Meinung herrscht,  man solle nicht gegen die Mafia vorgehen. „In Mannheim gab es ein paar Fälle, in denen die italienische Mafia sichtbar wurde. Insgesamt sind die Strukturen eher unsichtbar. Da muss man suchen, andernfalls wird man nichts ausrichten“, so Mattioli weiter.

Stenger erläuterte dann, wie die Mafia in etwa vorgeht und wie die Strategie der Ermittler ist, um dagegen vorzugehen. „Wir müssen uns Klischees lösen. Die Bosse heißen heute nicht mehr Luigi oder Guiseppe, sondern vielleicht Bernd oder Vitali“, erklärt Stenger.  Was es den Ermittlern so schwer macht, ist die moderne Vorgehensweise der Mafiosi, die mehr oder weniger „unter dem Radar agieren wollen und leise und heimlich ihre Macht und ihren Einfluss so aufbauen“. Illegal erworbenes Geld wird beispielsweise in Bauunternehmen gesteckt, die sich dann mit Dumpingpreisen an Ausschreibungen beteiligen. So kommt die Mafia an die Aufträge, das Geld wird gewaschen. „Wir haben vor kurzem in einer Aktion 35 Tonnen Kokain feststellen können mit einem Wert von über 35 Milliarden Euro. Das sind die Dimensionen in denen wir uns bewegen“, so Stenger. „35 Milliarden kann man nicht in Eisdielen und Pizzerien waschen, das sind ganz andere Dimensionen“. Wobei Eisdielen und Pizzerien durchaus auch ihre Funktionen haben, ergänzt Mattioli – zum Beispiel um sehr leise und subtil die Gesellschaft zu unterwandern und Einfluss zu gewinnen. „Fast jeder Politiker hat sicher seinen Stammitaliener“, so Mattioli. „Da schafft man ein freundliches Klima und Nahbarkeit“.

 Die italienischen Behörden haben mit neuen Gesetzen einen Schritt gemacht, diese Methoden bekämpfen zu können, „die haben einen ganz anderen Werkzeugkasten um dagegen vorzugehen als wir“, erklärt Stenger. Trotzdem sieht er die deutschen Behörden gut aufgestellt. „Wichtig ist, dass wir auch ein Netzwerk dagegenstellen. Da müssen Zoll, Staatsanwälte, Behörden und andere Institutionen eng miteinander zusammenarbeiten.“ Und der Weg muss die Parole „Folge dem Geld“ sein, nur so könne man mit dem Netzwerk die großen Machenschaften aufdecken.     sabi