Lindenhof – Labyrinth der Baustellen

Wenn man als Autofahrer in den vergangenen Wochen den Lindenhof aufsuchen oder verlassen wollte, dann musste man viel Zeit einplanen oder den Stadtplan genauestens im Kopf haben. Denn selbst Bewohner des Stadtteils verzweifeln an der Vielzahl der aktuellen Baustellen, die momentan den Verkehr immens beeinträchtigen. „Selbst wenn man die Schleichwege kennt, hilft das wenig“, so eine Anwohnerin. Und es gibt viele Fragen: Wieso müssen so viele Baustellen zeitgleich eröffnet werden? Was wird dort gebaut? Und vor allem: Wie lange noch? Lindenhof aktuell hat nachgefragt.  

Eigentlich sollten die Straßensperrungen in der Bellen- und der Landteilstraße ab dem 10. Juli Geschichte sein. So zumindest der offizielle Zeitplan der MVV, den sie Anfang Mai in einer Presseerklärung bekannt gab. Die Arbeiten waren nötig geworden, weil im vergangenen Jahr ein Kabelschaden entdeckt wurde, der sogar zeitweise zu einem Stromausfall im Stadtteil führte. Das 110.000-Volt-Kabel, das für die reibungslose Stromversorgung des Lindenhofs nötig ist, sollte also ausgetauscht werden.

Hierfür hatte die MVV sogar ein spezielles Verfahren eingeplant, das den Bauaufwand geringer machen sollte. „Wir führen das Kabel durch unterirdische Rohre“, so Stephan Gött, Betriebsingenieur für Instandhaltung der Stromnetze bei der MVV. „Normalerweise müssten wir für das Verlegen des Kabels die Straßen komplett aufgraben, mit der neuen Methode konnten wir uns im Lindenhof auf vier Stellen begrenzen“. Die da sind: Zwei in der Bellenstraße (vor dem Kindergarten und vor der St. Josef-Kirche) und zwei in der Landteilstraße (vor dem Bürgerdienst und ein Stück weiter auf Höhe der Stephanien-Apotheke). „Außerdem war geplant, dass es an verschiedenen Stellen nur Teilsperrungen gibt und keine komplette Straßensperrung“.

Dass dies nun alles ganz anders kam, hat mit zwei gravierenden Vorkommnissen zu tun, die man getrost unter die Rubrik „höhere Gewalt“ einordnen kann. „Die Probleme hatten wir in der Bellenstraße“, so Gött. Das sei auch der Grund, warum man in der Landteilstraße momentan niemanden arbeiten sieht, denn erst müssen die Probleme dort behoben werden.

Doch was war passiert? „Bei den Tiefbauarbeiten haben wir einen Kanalschaden festgestellt. Während des Starkregens vor einigen Tagen drang plötzlich Wasser in die Baugrube.“ Was natürlich auch für das hochsensible und teure Material, mit dem dort gearbeitet wird, problematisch hätte werden können. „Wir sprechen hier von mehreren 100.000 Euro“, so Gött. Zum Schutz gegen Staub und Feuchtigkeit wurden deshalb auch die blauen Planendächer über den Baustellen errichtet. „Wir haben, nachdem wir den Schaden entdeckt haben, natürlich die Stadtentwässerung informiert“. Eine Maßnahme, die eine Bauverzögerung rechtfertigt, denn wer möchte schon, dass die Straßen kurze Zeit später wieder aufgerissen werden. Die Reparaturen am Kanal hatten jedoch laut Gött dann auch für die Straßensperrung Folgen: „Die Baustelle in der Bellenstraße musste verbreitert werden“. So wurde die Teilsperrung zur Vollsperrung der Straße – geplant war das nicht, aber unvermeidlich.

Mittlerweile ist der Schaden am Kanal von der Stadtentwässerung behoben worden, doch die nächste böse Überraschung sollte einige Tage später folgen – ebenfalls in der Bellenstraße. „Am Ende einer Baugrube haben wir einen weiteren Kabelschaden entdeckt“. Und dieser Schaden sollte sich als ziemlich kompliziert erweisen, denn zur Behebung werden Spezialisten benötigt. „Da gibt es weltweit nur zwei Firmen, die das machen“, erklärt Gött, „und die haben natürlich auch einen straffen Zeitplan“. So ist man dann letztendlich auf den Terminkalender anderer angewiesen.

Natürlich ist man bei der MVV auf eine schnelle Lösung der Probleme aus. Nach einer Begehung Anfang Juli wurde auch ein grober Zeitrahmen erstellt. Im August sollen alle Straßen wieder feigegeben werden – allerdings unter Vorbehalt der genannten Unwägbarkeiten. Für die Baustelle vor der St. Josef Kirche kann die MVV schon früher Entwarnung geben, diese soll bereits zum 19. Juli geschlossen sein. Denn dann feiert die Gemeinde St. Josef dort ihr Fest – auch auf der Straße.

Es gibt aber auch positive Nachrichten, was die Baustellenlandschaft im Lindenhof betrifft. Die Arbeiten am Glückstein-Quartier im Bereich Lindenhofstraße/Windeckstraße gehen schnell voran, „wir sind gut im Zeitplan“, so Ottmar Schmitt, Projektleiter für das Glückstein-Quartier. „Vorgesehen war das Bauende dort für Ende des Jahres, wahrscheinlich werden wir aber schon im Herbst fertig“. Ebenfalls im Herbst, nämlich Ende Oktober, ist dann auch der Spatenstich für das neue Parkhaus an der Südtangente geplant.                            sabi