Capoeira: Kampf und Kunst für alle

Der Lindenhöfer Verein „Capoeira Topázio Mannheim“ sorgt in der Quadratestadt für eine Alternative zum üblichen Sportangebot. Damals, 2003, wollte Annette Laur einfach mal eine Alternative zu den üblichen Vereinssportarten anbieten und rief am Moll-Gymnasium eine Capoeira-AG ins Leben. Die brasilianische Kampfkunst, die Kampfsporttechnik, Rhythmus und Musik vereint, kam so gut an, dass sich etwa 20 Schüler schnell vom Capoeira-Fieber anstecken ließen. In der Zwischenzeit hat sich mit dem von ihr gegründeten Verein „Capoeira Topázio Mannheim“ ein Angebot auf dem Lindenhof etabliert, wie es wohl kein weiteres in der Sportlandschaft der Quadratestadt gibt. Ein Sportangebot, das keine Altersgrenzen und keine Geschlechtsunterschiede kennt und das auch für Menschen mit Behinderung offen steht. „Mädchen müssen ja nicht immer nur ins Ballett, Jungs nicht immer nur Fußball spielen“, sagt Annette Laur, die erste Topázio-Vorsitzende, etwas überspitzt. 2003 war sie noch Sport-, Französisch- und Deutschlehrerin am Moll-Gymnasium. In der Zwischenzeit arbeitet sie am Kultusministerium in Stuttgart und ist leidenschaftliche Capoeira-Trainerin. Sie erklärt, was Capoeira eigentlich ist, denn viele können mit diesem Begriff gar nicht so viel anfangen. „Capoeira ist im Grunde eine Art Selbstverteidigung ohne Waffen“, so Laur. Hierzulande hat mancher die Sportart vielleicht schon mal als Showeinlage kennen gelernt: Zwei Kämpfer versuchen sich, umringt von einer singenden und musizierenden Gruppe, bei einem rhythmischen Gefecht aus akrobatischen Fuß- und Handschlägen zu übertreffen, ohne sich dabei wirklich zu berühren.

Doch es steckt mehr dahinter, denn Capoeira gibt es schon seit über 400 Jahren und gilt im Ursprungsland Brasilien bereits als kulturelles Erbe. „Entwickelt“ wurde die Sportart im 16. Jahrhundert von afrikanischen Sklaven. Und so lernen auch die Mannheimer Vereinsmitglieder die Kultur der Capoeirista kennen, ebenfalls die brasilianischen Gesänge, die stets auf Portugiesisch gesungen werden. Musiziert wird mit traditionellen Instrumenten wie beispielsweise dem Berimbau.

„Capoeira ist ein Gemeinschaftserlebnis“, erklärt Trainerin Annette Laur, die den Sport 1999 bei einem Workshop im Rahmen eines Brasilienfestivals im Ludwigshafener Pfalzbau richtig kennen und lieben gelernt hat. 2002 fiel letztlich der Entschluss zur Vereinsgründung. Laur baute ihn in enger Zusammenarbeit mit Mestre Dinho, dem Gründer der Internationalen Capoeiragruppe Topázio, sowie seinen Schülern und weiteren Experten aus Brasilien auf. Praktiziert wird die Form „Capoeira regional“, bei der der Fokus verstärkt auf dem Kampf liegt und auch Elemente aus der asiatischen Kampfkunst enthalten sind. Das klingt erst einmal gefährlich, doch Laur lächelt: „Fußball und Volleyball sind verletzungsträchtiger.“

Topázio Mannheim hat laut Laur viele junge Menschen im Verein. „Unter den rund 50 Mitgliedern sind 30 Kinder“, schätzt die Trainerin. Die Gesamtgruppe wird „Roda“ genannt. Das Training findet regelmäßig im Moll-Gymnasium beziehungsweise der Diesterwegschule statt. Capoeira hat auch einen pädagogischen Hintergrund, wie Annette Laur erklärt. Denn es stärke unter anderem das Selbstbewusstsein und die Selbstständigkeit. Dabei stehe der Wettbewerbsgedanke nicht so stark im Vordergrund wie bei anderen Sportarten, wo gewinnen oberste Priorität besitzt. Der Verein engagiert sich auch mit Projekten in Kindergärten, beispielsweise im Kindergarten Torwiesenstraße, oder an Schulen. Das Ziel: „Die Kinder sollen über den Sport Verhaltensstrukturen kennen lernen“, so Laur.                jm

i „Weitere Informationen über den Verein gibt es im Internet unter www.aacit.de. Capoeira Topazio Mannheim veranstaltet am Samstag, 5. Dezember, von 14.30 bis 16.30 Uhr in der Sporthalle des Moll-Gymnasiums einen Capoeira-Familiennachmittag für alle Mitglieder, Familienangehörige, Freunde und Interessierte. Einlass ist ab 14 Uhr.