„Einfach mal Bahnsteig bauen geht nicht“

Zugig ist es wie auf jedem anderen Bahnsteig des Mannheimer Hauptbahnhofs auch. Besonders zu dieser Jahreszeit. Doch auf Gleis 12, das im Dezember offiziell teilweise in Betrieb genommen wurde, sieht noch alles ein bisschen anders aus, ein bisschen frischer. Der Antirutsch-Boden ist sauber, das Leitsystem blitzt in hellem Weiß. Auch die Anzeigetafeln und Ampelanlagen weisen noch kaum Gebrauchspuren auf. Die erste S-Bahn startete von dort aus am 11. Dezember um 6.50 Uhr Richtung Karlsruhe.

„Die Inbetriebnahme hat geklappt“, sagte der Arbeitsgebietsleiter der DB Netz AG, Stefan Geckle, bei der Einweihung sichtlich erfreut. Denn der Weg dorthin war bisher für die Bahn ein gewaltiger Brocken Arbeit. Seit September 2014 verlegte sie Gleise und Weichen oder verbreiterte eine Überführung, um Platz für den neuen Bahnsteig F – so der bisherige Projekttitel – und die neuen Schienen zu schaffen. Einfach mal schnell einen Bahnsteig bauen war in diesem Fall nicht möglich. „Überall, wo wir etwas Neues erstellen wollen, stoßen wir auf Altes, das zurückgebaut werden muss“, so Geckle, der dabei zwar auf zahlreiche andere Bahn-Baustellen blickte, aber besonders auch auf die am Mannheimer Hauptbahnhof. Vieles lief für die Fahrgäste dabei eher im Hintergrund ab.

Einige wenige Bahnen fahren nun also von Gleis 12 ab, obwohl der Bahnsteig an sich noch nicht komplett fertig ist. Man sieht es unter anderem an den unfertigen Überdachungen. Auch die Ausstattung ist noch nicht vollständig, ein Aufzug, der zum Bahnsteig führt, nicht in Betrieb – es gibt noch einiges zu machen. Arbeiten fallen jetzt auch an Gleis 10 an, das in der nächsten Zeit nur noch für Ausfahrten in Richtung Osten genutzt werden kann. Damit der Fahrbetrieb nicht eingeschränkt werden muss, weichen manche Bahnen somit auf das neue Gleis 12 aus.

Die Arbeiten während des laufenden Betriebs seien einer der Gründe für die relativ lange Bauphase des Bahnsteigs F, die letztendlich insgesamt drei Jahre verschlingen wird. „Die Leistungsfähigkeit des Mannheimer Hauptbahnhofs als Verkehrsknotenpunkt soll während des Umbaus nicht eingeschränkt werden“, erklärte Geckle. Doch ein Ende naht. Am 21. August sei der neue Bahnsteig für den Betrieb vollständig, wenn weiterhin alles nach Plan läuft. Dann dürften laut dem Arbeitsgebietsleiter nur noch kleinere Arbeiten anfallen.

Auch Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht freute sich über den für ihn „ganz wichtigen Tag“. „Das ist mehr als nur eine kleine Veränderung am Bahnhof.“ Die Maßnahme würde die Zukunftsfähigkeit der Verkehrsanbindung der Metropol–region Rhein-Neckar sichern, sowohl für den Fern- als auch für den Nahverkehr. „Und damit die Standortqualität Mannheims und der Region“, sagte er. Nun habe man Luft für den wachsenden Verkehr, so Specht weiter. „Und alles kann in Mannheim abgewickelt werden.“ Er deutete dabei auch auf den S-Bahn-Ausbau im hessischen Ried hin oder die Erhöhung des S-Bahn-Verkehrs in Worms. Für die Fahrgäste, die in Mannheim an- und abfahren, bringe die 45,5-Millionen-Euro-Maßnahme zudem den Vorteil, dass der Bahnhof weniger störanfällig werde. Letztendlich sei der Ausbau des Bahnhofs eine der wichtigsten Investitionen in die Infrastruktur der Stadt Mannheim, sagte der Erste Bürgermeister.

In den folgenden Bauabschnitten stehen nun unter anderem weitere Arbeiten an der Tunnelstraße an, die den Lindenhof mit der Innenstadt verbindet. Der „Suezkanal“, wie er im Volksmund genannt wird, ist zurzeit für Autos gesperrt, soll voraussichtlich aber ab Januar 2018 wieder befahrbar sein. Fußgänger und Radfahrer können ihn weiterhin nutzen. Allerdings seien bis Mai 2017 immer mal wieder Vollsperrungen nötig, bis auch die Unterführung fertig gestellt ist, so Stefan Geckle.                jm