Einzelhandel auf dem Lindenhof: „Wir brauchen Aufmerksamkeit“
Es war ein Schock für Hans Zeilinger, als im Herbst letzten Jahres plötzlich das Ordnungsamt vor seinem kleinen Obst- und Gemüseladen in der Meerfeldstraße stand. Seine Warenständer müsse er reinstellen, hieß es. Aber nicht nur bei ihm klopfte das Ordnungsamt an. Mehrere Lindenhöfer Ladeninhaber in der Meerfeldstraße mussten reagieren. Hans Zeilinger leistete der Aufforderung Folge – und prompt brach sein Umsatz kurzzeitig massiv ein.
Die Auslagen seien nicht genehmigt, teilte das Ordnungsamt Hans Zeilinger Ende letzten Jahres mit. Zwölf Jahre lang hatte der Einzelhändler bis dahin sein Gemüse vor dem Lädchen präsentiert. Beschwerden gab es kaum, erinnert er sich. „Ich habe mit vielen Passanten gesprochen. Sie sagten mir, dass die Warenständer für sie kein Problem seien“, so Hans Zeilinger. Warum das Ordnungsamt plötzlich auftauchte kann er sich nicht erklären. Dass die Stadt im Recht war, sei ihm allerdings bewusst. Deshalb hat er die Gemüsekisten auch sofort in seinen Laden geräumt.
Was dann jedoch passierte, zeigt, wie wichtig Warenauslagen für Geschäfte sind. „Ich hatte Umsatzeinbußen von rund 50 Prozent“, erklärt der Händler. Denn drei Wochen lang konnte er seine Waren nicht draußen präsentieren, da er die Genehmigung benötigte. „Viele dachten wahrscheinlich, dass der Laden geschlossen hat“, mutmaßt Hans Zeilinger. Zudem stapelten sich innerhalb seines kleinen Ladens nun die Kisten, die sonst immer draußen standen. Eventuell ließen sich auch davon einige Kunden abschrecken und betraten das Geschäft nicht. Die Folge: Er verkaufte deutlich weniger.
Hans Zeilinger hat aus seiner Not eine Tugend gemacht. Er stellte einen Antrag bei der Stadt Mannheim, Waren außerhalb des Ladens präsentieren zu können. Dieser wurde genehmigt. Die Stellfläche, die er nutzen darf, ist zwar nun kleiner, aber der Händler ist dennoch zufrieden. „Ich habe mich jetzt wieder gut erholt“, erzählt er erleichtert. Auch in seinem Geschäft hat sich seitdem baulich etwas getan. Da er nicht mehr so viele Waren außerhalb auslegen darf, hat er im Ladeninnern das Regal umgebaut, damit mehr Obst- und Gemüsekisten darauf Platz haben.
Am andern Ende der Meerfeldstraße, gegenüber der Lanz-Kapelle, findet man Hecker´s Fischkontor. Auch dessen Inhaber, Robert Hecker, wurde vom Besuch des Ordnungsamts überrascht. „Seit zehn Jahren habe ich Tafel, Fahnen und ein Tischchen draußen stehen. Es hatte nie jemanden interessiert“, erzählt er. So wirklich kann er die Rüge der Stadt nicht verstehen. „Allein für die Stelltafel soll ich für die Genehmigung einmalig 80 Euro und dann monatlich 30 Euro bezahlen“, erklärt der Einzelhändler, dass er persönlich nichts von einem Genehmigungsantrag hält. Das würde in keinem Verhältnis stehen, findet er. Vor allem nicht für einen kleinen Laden, der keine Unmengen an Umsatz mache.
Auch Robert Hecker spricht die Wichtigkeit der Auslagen, in seinem Fall die Stelltafel und Co., an. „Wir sind hier nicht direkt in der Fußgängerzone, wo jeder vorbeiläuft.“ Viele werfen also von Weitem einen Blick zu ihm herüber, ob geöffnet ist oder nicht. Und würden Tafel und Fahnen beispielsweise fehlen, würden viele denken, dass geschlossen sei. „Wir müssen Aufmerksamkeit erregen. Ich kämpfe hier um jeden einzelnen Kunden“, gibt Hecker zu bedenken. Deshalb wünscht sich der Ladeninhaber, dass die Stadtverwaltung besonders den Kleinen etwas Luft lasse, um wirtschaftlich überleben zu können. „Wir zahlen Gewerbesteuer und sind wichtig für einen lebendigen Stadtteil“, sagt Robert Hecker.
In der Zwischenzeit habe sich die Lage wieder etwas beruhigt, erklärt der zweite Vorsitzende des Gewerbevereins Lindenhof, Wolfgang Zumkeller. Die meisten Einzelhändler platzieren ihre Warenständer auf die für sie genehmigungsfreien Flächen, die im Herzen der Fußgängerzone üblicherweise an einem bestimmten Bodenbelag zu erkennen sind, oder haben eine Genehmigung. Auch das Ordnungsamt scheint bislang nicht den Willen zu haben, übertriebene Härte zu zeigen. Und das ist doch eigentlich ganz gut so. Gefahrenpotenzial für Passanten sollen Aufsteller und Warenständer zwar nicht bergen. Doch würden sie ganz von der Bildfläche verschwinden, wäre auch ein Stück Buntheit und Lebendigkeit im Stadtteil verloren. Und die kleinen Händler, die für Vielfalt sorgen, hätten es durchaus ein bisschen schwerer. jm