Fahrradstraße wird abgelehnt
Mit sechs Tagesordnungspunkten war die vergangene Bezirksbeiratssitzung so vollgepackt wie lange nicht mehr zuvor, was Themen anbetrifft. Wobei es fast durchgehend sehr harmonisch im Rat zuging – bis Punkt vier auf dem Programm stand, „Meerfeldstraße als Fahrradstraße“. Hier schieden sich die Geister im Rat, und zwar sehr paritätisch, wie sich herausstellen sollte.
Zunächst wurden jedoch die zwei ersten Punkte der Tagesordnung abgearbeitet, bei beiden ging es um einen Bebauungsplan für das Schwarzwaldviertel. Jochen Tölk vom Fachbereich Stadtplanung sollte die Pläne hierzu vorstellen. Kaum vorstellbar, aber der Bereich Schwarzwaldviertel hatte bis dato noch keinen zeitgemäßen Bebauungsplan – Zeit also, einen zu erstellen, auch wenn das Gebiet mittlerweile mehr oder weniger dicht bebaut ist. „Zwei Dinge waren uns bei der Erstellung besonders wichtig: Der Erhalt des Charakters des Gebietes sowie die Möglichkeit der Weiterentwicklung“, so Tölk. Nachverdichtung ist nicht völlig ausgeschlossen, aber städtebaulich soll die Struktur erhalten werden. Soll heißen: Neubebauung wird auf zwei Geschosse festgelegt, keine Reihenhäuser sollten dort geplant werden. Auch gibt es strenge Vorgaben für Dachaufbauten. Der neue Bebauungsplan soll einen Plan von 1960 ersetzen und nun der Öffentlichkeit vorgelegt werden, zu sehen sein wird er im Collini-Center, in den Bürgerdiensten sowie im Internet. „Hier gibt es dann noch die Chance eines Einspruchs“.
Der Plan fand durchgehend Zustimmung im Bezirksbeirat, Dr. Michael Kost (FW/ML) lobte ihn als gelungen, „wenn er denn so umgesetzt wird“, stellte aber doch noch eine Frage, was die Nachverdichtung angeht. Die sei nur auf einigen wenigen Flächen und strikt nach dem neuen Plan möglich, so die Antwort. Marcus Butz (SPD) stellte die Frage was denn passiere, wenn es Einwände zu den Plänen gebe. „Dann“, so Tölk, „gibt es eine ‚Ehrenrunde‘ und es muss möglicherweise nachgebessert werden“. Als keine Fragen mehr anstanden, stimmte der Bezirksbeirat einstimmig den Plänen zu.
Weil der zuständige Experte aus der Stadtverwaltung zum nächsten Punkt (2. Bauabschnitt Glücksteinquartier – Wegebeziehungen) noch nicht anwesend war, wurde der Punkt „Fahrradstraße“ vorgezogen. Hierzu stellte Johanno Sauerwein vom Fachbereich Stadtplanung die Pläne vor.
Eine Fahrradstraße, wie sie im Lindenhof schon am Stephanienufer existiert, soll demnach auf der Meerfeldstraße im Bereich von der Fußgängerzone (Windeckstraße) bis zur Emil-Heckel-Straße eingerichtet werden (siehe rechts Stichwort). Hauptgrund hierfür sei vor allem die Beruhigung der Straße vor der Diesterwegschule, die Schüler und andere Fußgänger würden „nicht mehr vom Fahradverkehr beeinträchtigt werden“, so Sauerwein, weil Fahrradfahrer dann auf der Straße Vorrang hätten. Neue Schilder und Rotmarkierungen auf der Meerfeldstraße würden dann Autofahrer auf die Fahrradstraße hinweisen.
Klaus Dieter Lambert (Die Linke) lobte dieses Vorhaben in der anschließenden Fragerunde ausdrücklich, „das würde die Sicherheit der Radfahrer auf jeden Fall erhöhen“. Auch Peter Karbstein (Grüne) und Marcus Butz sehen diese Maßnahme als eine Bereicherung, „damit wird die Sicherheit auf dem Schulweg gewährleistet, deshalb sollte mindestens diese Strecke vor der Schule eine Fahrradstraße werden. Das wäre ein extremer Gewinn“, so Butz.
Dies sahen allerdings die Kollegen auf der gegenüberliegenden Seite des Saales nicht ganz so. „Wir haben doch schon eine Fahrradstraße am Stephanienufer“, so Friedhelm Klein (CDU), „warum brauchen wir noch eine?“ Viel hätte das dort auch nicht gebracht, was teilweise auch an den Radfahrern läge, welche die Fahrradstraße einfach nicht nutzen, sondern auf dem Gehweg fahren. Dr. Ingeborg Dörr (CDU) wies zudem darauf hin, dass es auch viele ältere Menschen gebe, die auf ihr Auto angewiesen sind und es beispielsweise zum Einkaufen brauchen – das sollte man auch berücksichtigen, da die Meerfeldstraße ja auch eine Einkaufsstraße sei. Wolf Engelen (FDP) sieht eine Fahrradstraße grundsätzlich positiv, „aber muss das ausgerechnet in der Meerfeldstraße sein?“ Wo lägen denn dann die Einschränkungen? „Eigentlich gibt es mit der Fahrradstraße keine großen Veränderungen“, argumentiert Peter Karbstein.
Uwe Welker von der Polizei Neckarau konnte auch keine Statis–tik aufweisen, was Fahrradstraßen angeht, „aber grundsätzlich, wenn Autofahrer wissen, was es bedeutet, dann beruhigt sich der Verkehr. Und dann ist viel gewonnen.“
Zu diesem Thema gab es auch viele Wortmeldungen aus dem Publikum. Der Vorsitzende der BIG Ulrich Holl beispielsweise sieht in dieser Maßnahme einen Sicherheitsgewinn, die den Stadtteil lebenswerter mache, eine Dame schlug sogar vor nicht nur hier, sondern vor allen Einrichtungen mit Kinderbetreuung eine Fahrradstraße einzurichten. „Lebensgefährlich, Leute zum Bahnhof zu bringen“
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Ein weiterer Bürger gab zu bedenken, dass solch eine Straße dem Fahrradfahrer möglicherweise mehr Sicherheit suggeriert, die er eigentlich gar nicht habe, wenn sich die Autofahrer nicht daran halten. „Viele wissen ja gar nicht, was eine Fahrradstraße ist“.
Marc-Oliver Kuhse von der BIG gab am Ende noch die verständliche Bitte ab für die geplanten Schilder, die dann bei einer möglichen Fahrradstraße aufgestellt werden, nicht wieder auch neue Pfosten aufzustellen, „davon haben wir schon genug in der Straße, da kann man die Schilder doch dort anbringen.
Eine also überwiegend positive Einstellung der Anwesenden zum Projekt Fahrradstraße sollte man meinen, doch bei der Abstimmung kam es dann zu einer Überraschung: Mit 5:5-Stimmen im Bezirksbeirat fand die Vorlage keine Mehrheit und wurde somit abgelehnt, nun muss sie noch einmal in den Ausschuss.
Da für den Punkt „Glücksteinquartier – Wegebeziehungen“ der geladene Experte der Stadt immer noch nicht anwesend war, kamen die Bezirksbeiräte direkt zu Wort. Hier war die Meinung dann wieder einstimmig: Der Fußgängerweg und die Verkehrsführung zum Bahnhof sei momentan bei allem Verständnis für die Bauarbeiten alles andere als ideal. Fußgänger beispielsweise müssten ständig über Straßen und Gleise laufen, „dieser Umweg ist unzumutbar und unsicher“, so Marcus Butz. In diesem Zusammenhang sei es auch bei dem Verkehr auf der B36 „lebensgefährlich, Leute zum Bahnhof zu bringen“. Außerdem sei die Ampelschaltung in der Gontardstraße zur B36 sehr schlecht, weil man unnötig lange stehe, wenn man in Richtung Ludwigshafen abbiegen will. Zu diesen Punkten soll nun ein Fragenkatalog zusammengestellt werden und dem zuständigen Fachbereicht zukommen. sabi