„Im Sinne des Bürgers ein wenig steuern“

Die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof (BIG) ist im Um- und Aufbruch – nicht zuletzt auf Grund der Vorstandswahlen im vergangenem Jahr. Dort wurden mit Marc-Oliver Kuhse (stellvertretender Vorsitzender) und Andreas Ksionsek (Finanzen) zwei neue Kräfte in wichtige Positionen gewählt. Lindenhof aktuell sprach mit den beiden sowie mit Helma Schäfer und dem jüngsten Mitglied Mark Perelmann über die Neuausrichtung der BIG.  

 

Die BIG – so hört man – sei im Um-, und deshalb auch im Aufbruch. Was genau bedeutet das für den Verein?

Marc-Oliver Kuhse: Zunächst wollen wir innerhalb des Vereins  eine breitere Basis schaffen. Wolf Engelen (ehemaliger Finanzvorstand und Gründungsmitglied, d. Red.) beispielsweise hat sich regelrecht aufgeopfert, dabei auch viel selbst gemacht. Wir wollen das auf mehrere Schultern verteilen und auch die anderen Mitglieder in Entscheidungsprozessen mit ins Boot holen. Der Verein besteht ja nicht nur aus dem Vorstand, wir wollen ein „Mitmach-Verein“ sein.

Andreas Ksionsek: Auch sollen Bürger die Möglichkeit haben sich einzubringen. Ganz entscheidend ist: Wir sind überparteilich, jeder ist eingeladen, egal, welcher Couleur.

Wie genau sieht das dann in der praktischen Umsetzung aus?

Helma Schäfer: Beispielsweise planen wir mehr Veranstaltungen, wie unsere Mitgliederratschläge. Bei diesen Treffen, die verschiedene Themen wie „Verkehr“ oder „Kinder und Jugendliche“ haben, kann jedes BIG-Mitglied seinen Beitrag leisten.

Kuhse: Wir wollen die Mitglieder so stärker einbinden und jedem eine Stimme geben. Die verschiedenen Themenfelder werden dann von jeweils einem Mitglied betreut – für das Thema „Verkehr“ beispielsweise suchen wir noch jemanden. Die Stimmen und Meinungen werden dann gesammelt, dann kann man sich ein Bild über die Befindlichkeiten der Menschen machen.

Ksionsek: Natürlich ist eine vernünftige Streitkultur in diesem Zusammenhang wichtig um einen Konsens zu finden. Aber so können wir zu einem echten Sprachrohr der Bürger werden.

Gibt es da konkrete Beispiele?

Kuhse: Ich bin mir zum Beispiel nicht sicher, wieviel die Bürger beim Bau des Viktoria-Turms mitreden durften. Bei der Umwidmung des Lokschuppens und des Werkstattgebäudes konnte schon ein wenig Einfluss genommen werden – Stichwort Sichtachse. Wir wollen einfach nur im Sinne des Bürgers ein wenig steuern was da so gemacht wird, da sich der Stadtteil ja beträchtlich verändert.

Ksionsek: Wenn zum Beispiels ein neuer Investor kommt, dann hoffen wir, dass er sich die Befindlichkeiten der Bürger auch anhört. Dafür wollen wir sorgen.

Kuhse: Und wir streben auch eine gute Zusammenarbeit oder Kooperationen mit allen Institutionen an. Da gibt es zum Beispiel die „Pfalzplatzmuttis“, die den Pfalzplatz wiederbeleben wollen. Vielleicht ergibt sich ja da eine Kooperation.

Soll auch die Zusammenarbeit mit dem Gewerbeverein intensiviert werden?

Ksionsek: Das ist auf jeden Fall angedacht. Es gibt ja viele Berührungspunkte bei unseren Themen, wie beispielsweise unsere Wirtschafts-Werkstatt, an der ja der Vorsitzende des Gewerbevereins Thomas Raffler auch teilgenommen hatte.

Kuhse: Wir wissen aber nicht, wie sich der Gewerbeverein selbst definiert und für was er genau steht. Wir wollen ihm ja nichts wegnehmen, sondern im Sinne des Stadtteils was auf die Beine stellen. Zum Beispiel gemeinsame Veranstaltungen. Vielleicht ergeben sich ja am Rande des Lanz-Park-Festes Gelegenheiten, um ins Gespräch zu kommen.

Der Bau des Glückstein-Quartiers ist auf jeden Fall auch ein Thema, das beide Vereine betrifft …

Ksionsek: Mit Sicherheit, ein großes Thema. Das ist ja auch eine Aufwertung des alten Statdteils und setzt dort Chancen frei. Da sollten wir uns alle strategische Gedanken machen.

Kuhse: Und wir müssen eng an der Sache bleiben. Bleibt die Meerfeldstraße das Zentrum? Oder wo bewegt sich durch die Neubauten das Zentrum möglicherweise hin, wo wollen wir es haben?

Stichwort Lanz-Park-Fest, das ja auf der Kippe stand. Herr Ksionsek, Sie sind jetzt mit im Orga-Team und auch dort für die Finanzen zuständig. Angedacht ist ein Modell, bei dem sich auch die Bürger durch den Kauf eines Buttons bei der Finanzierung des Festes beteiligen können (siehe Artikel Seite 1).

Ksionsek: Ja, das wollen wir ausprobieren. Ziel ist es, dass wir das Minus, das regelmäßig nach dem Fest anfällt und das stets die Firma Diringer und Scheidel gedeckt hat, anders zu deckeln. Auch andere Sponsoren sollen angesprochen werden.

Nun ist bekannt, dass die BIG sich einer hervorragenden Finanzsituation erfreut – ein hoher fünfstelliger Betrag soll auf Ihrem Konto sein. Kann das die BIG nicht als Bürgerverein deckeln?

Ksionsek: Die BIG ist ja nicht gleichgesetzt mit dem Lanz-Park-Fest. Wir müssen als Verein auch verantwortlich haushalten und der Großteil des Geldes ist zweckgebunden. Er darf nur zum Unterhalt der Lanz-Kapelle verwendet werden. Somit verfügt die BIG über gar nicht soviel Geld. Das ist ein Liquiditätspuffer für das Tagesgeschäft, die Erträge sollen aber stets zu Gunsten der Bürgerschaft im Lindenhof eingesetzt werden.

Kuhse: Das wurde in der Vergangenheit vielleicht auch schlecht kommuniziert. Die Lanz-Kapelle ist Lust und Last zugleich. Denn diese Immobilie bedarf großer Pflege – nun stehen zum Beispiel der Boden und die Schallisolierung an. Und da werden die zweckgebundenen Gelder auch benötigt.

Herr Perelmann, Sie sind das jüngste BIG-Mitglied seit kurzem.

Mark Perelmann: Ja, ich bin 20 Jahre alt und studiere in Mannheim, unter anderem politische Wissenschaft. Ich wurde einfach mal von Herrn Flammann eingeladen vorbei zu schauen und das hat mich sehr interessiert. In der BIG kann man auch als junger Mensch etwas bewegen, denke ich. So möchte ich zum Beispiel Studenten-Kollegen zeigen, was der Stadtteil alles zu bieten hat, das weiß man oft überhaupt nicht.

Wie wollen Sie das anstellen?

Perelmann: Demnächst soll eine Art „Stadtteil-Rallye“ stattfinden, bei der wir jungen Leuten interessante Punkte und altersgerechte Aktionsmöglichkeiten vorstellen wollen. Außerdem wollen wir das alles auch über neue Medien, wie facebook kommunizieren.

Frau Schäfer – Sie kompletieren hier praktisch als ein langjähriges Mitglied der BIG das Drei-Generationen-Treffen. Wie sehen denn Sie den Umbruch des Vereins und was sind ihre Pläne?

Helma Schäfer: Ich finde, wir sind ein tolles Team! Ich versuche natürlich weiterhin meinen guten Draht zur Stadt zu nutzen, auch wenn ich weiß, dass nicht alle Wünsche erfüllt werden können. Aber manchmal muss man nur hartnäckig sein, wie nun beispielsweise beim Meeräckerplatz. Der wird nun endlich geflickt.

Kuhse: Frau Schäfer wird uns auch weiterhin, wie auch die anderen älteren Mitglieder, ihre praktischen Erfahrungswerte weitergeben.

Schäfer: Ein sehr brisantes Thema ist ja momentan das Busproblem, das vor allem die Anwohner am Rheinufer beschäftigt. Ich kenne die aktuellen Zahlen: 310 Schiffe sollen in diesem Jahr im Lindenhof anlegen, pro Schiff werden vier Busse aufgefahren. Das ist eine große Belastung, weil schlichtweg die Infrastruktur für sowas im Lindenhof fehlt. Da muss auf jeden Fall eine Lösung her, auch wenn ich momentan nicht weiß, welche.

Sie möchten ja sowieso die Besucher lieber im Stadtteil halten.

Schäfer: Ja, ich versuche ja immer noch irgendetwas auf die Beine zu stellen. Zum Beispiel Führungen bei John Deere anbieten oder Ähnliches. Aber noch zu meinen langfristigen Plänen: 2016 möchte ich mein Vorstandsamt zur Verfügung stellen, aber weiterhin für den Stadtteil tätig sein. Wir arbeiten super zusammen, das macht viel Spaß.           sabi