Tonne statt Sack – zu „99 Prozent“
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit bekommen die Mannheimer Bürger 2017 eine Wertstofftonne. Eigentlich ja ein Grund zur Freude: Der Aufwand und Ärger mit den gelben Säcken, in die der verantwortungsvolle Mülltrenner zurzeit noch Plastikverpackungen und Ähnliches steckt, dürfte sich damit erledigt haben. Denn dafür ist dann die gelbe Tonne da, die laut Planungen der Stadt Mannheim alle vier Wochen geleert werden soll. Allerdings veranlasst die gelbe Tonne nicht jeden zu Freudensprüngen.
Den Lindenhöfer Vermieter Marc Kuhse zum Beispiel stellt sie eher vor ein Problem. Er hat schlichtweg keinen Platz mehr, um neben Papier-, Bio- und Hausmülltonnen auch noch gelbe Wertstofftonnen im Hof unterzubringen. Wie er „Lindenhof aktuell“ mitteilte, müsste er für sein Haus, in dem in neun Wohnungen rund 30 Personen leben, zusätzlich zu drei Papier-, drei Restmüll- und einer Biotonne noch acht Gelbe Tonnen aufstellen. Die Anzahl basiert auf einer Berechnung der Stadt Mannheim, die pro Person und Monat 60 Liter Tonneninhalt veranschlagt. Zur Verfügung stehen bei Einführung einerseits vierrädrige Rollcontainer mit 1100 Liter Inhalt und andererseits zweirädrige Tonnen mit 240 Liter Inhalt. „Rollcontainer passen bei uns nicht in den Hof“, so Kuhse. Er müsste also auf die kleinere Variante zurückgreifen. Das heißt, alles in allem müsste der Hausbesitzer 15 Müllsammelbehälter in seinem Hof unterbringen. Kuhse trat bereits mit der Stadt Mannheim in Kontakt, wollte wissen, wie er mit diesem Tonnenaufkommen umgehen soll. Er bekam allerdings keine für ihn zufriedenstellende Antwort. „Ich werde dann die gelben Tonnen wohl oder übel auf den Gehweg stellen müssen“, sagt er.
„Lindenhof aktuell“ sprach mit dem Leiter des Eigenbetriebs für Abfallwirtschaft, Dr. Stefan Klockow, über dieses Thema. Er bestätigte einerseits, dass die Wertstofftonne zu „99 Prozent Anfang nächsten Jahres kommt“. Andererseits gab er zu, dass tatsächlich der ein oder andere vor Probleme gestellt werden könnte. „Das ist uns bewusst.“ Doch ein Patentrezept zur Lösung gibt es nicht. „Es ist schwierig, das auf die Schnelle zu beantworten“, so Klockow auf die Frage, was Bürger mit möglichen Platzproblemen denn tun können. Man müsse sich das vor Ort anschauen und gemeinsam mit den Betroffenen nach einer Lösung suchen.
So genannte Standortberater suchen die Bürger in so einem Fall auf. „Wir werden die Standortbetreuung Anfang nächsten Jahres dafür verstärken“, so Klockow, der davon ausgeht, dass sich die Abfallwirtschaft mit der Platzproblematik nach Einführung der Wertstofftonne auf jeden Fall noch beschäftigen muss. „Aus der Erfahrung heraus kann man sagen, dass wir bei vielen Bürgern, die ähnliche Probleme mit beispielsweise der Papiertonne hatten, letztendlich doch noch ein Plätzchen zur Unterbringung gefunden haben“, zeigt sich der Leiter der Abfallwirtschaft zuversichtlich. Auch habe die Stadt schon im Vorfeld Standortbegehungen gemacht, die gezeigt haben, dass es bei etwa fünf Prozent der Standplätze problematisch werden könnte.
Ein Versuch könnte sein, den Tonnenaufwand durch die Mülltrennung zu optimieren, so Klockow. Beispielsweise, indem man einen Blick in die schon vorhandenen Tonnen wirft, ob diese „ausgelastet“ sind oder ob man eventuell den Inhalt zweier halbvoller Papiertonnen zusammenwerfen könnte, um eine Tonne zu sparen. Was jedoch nicht für die Wertstofftonne vorgesehen sei, ist die Möglichkeit von Sonderleerungen, wie es unter anderem bei der Papiertonne gibt. Das heißt, dass der Müll bei von Platzmangel Geplagten öfter abgeholt wird, weil sie nicht genug Behältnisse aufstellen können.
Im Extremfall – wenn also tatsächlich keine gelben Tonnen aufgestellt werden können – muss der Betroffene wohl in den sauren Apfel beißen. „Dann muss der Müll, der eigentlich in die Wertstofftonne gehört, mit dem Restmüll entsorgt werden“, bedauerte Stefan Klockow. „Ganz so flexibel wie mit dem gelben Sack ist man dann in der Tat nicht mehr.“
Ab Anfang nächsten Jahres wird sich herausstellen, wie viele „Extremfälle“ es tatsächlich geben wird und wie viele Mannheimer dann dem gelben Sack nachtrauern. Letztendlich bringt die Einführung der Wertstofftonne aber auch jede Menge Vorteile: Die Straßen dürften sauberer werden, weil sich kein Müll aufgerissener Säcke mehr verteilen kann.
Die Wege zu den Gelbe-Sack-Verteilerstellen erübrigen sich. Und man kann in der gelben Tonne zukünftig nicht nur Leichtverpackungen entsorgen, sondern auch so genannte stoffgleiche Nichtverpackungen wie Spielzeug, Eimer, Blumentöpfe, Pfannen und Eisenwaren etwa. jm
i Die Einführung der Wertstofftonne, die dann in der Verantwor tung des Eigenbetriebs Abfallwirtschaft liegen soll, kostet laut Stadt Mannheim rund 700.000 Euro pro Jahr. Eine Gebührenerhöhung für 2017 sei aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nötig. „In der Folgezeit führt die Einführung der Wertstofftonne zu einer einmaligen Gebührenerhöhung in Höhe von circa 2,3 Prozent“, heißt es in einer Pressemitteilung vom 18. März.