Visionen für das Glückstein-Quartier

Grünflächen auf Brücken erwecken den Eindruck eines schwebenden Parks. Futuristische Häuser, teilweise quaderförmig und recht übersichtlich in der Größe, teilweise riesig und mit begrünten Dächern. Kantenförmig oder geschwungen. Futuristisch oder fast barock. Die Ideen, die über 1000 Studenten aus ganz Europa für das derzeit entstehende Glückstein-Quartier hatten, waren so vielfältig wie träumerisch. Aber manchmal gar nicht so realitätsfern, wie man denken könnte. Sie alle hatten bei einem Studentenwettbewerb teilgenommen, den die Firma Isover ausgeschrieben hatte.

 60 Planungswerke wurden in der Lindenhöfer Lanz-Kapelle ausgestellt, die 60 besten, die jeweils von den nationalen Jurys ausgewählt wurden. Die Ausstellung war ein paar Tage für Besucher geöffnet, einige Besucher waren schon zur Eröffnung gekommen, um sich die Gedanken der angehenden Architekten näher anzuschauen. Teil der Aufgabe war, den schon bestehenden Hanns-Glückstein-Park zu entwickeln, um eine Vernetzung des neuen Quartiers zum Lindenhof herzustellen. „Einige Ideen sind sehr ausufernd. Aber es kommen ja nicht gleich die Bagger“, meinte Klaus Elliger, Leiter des Fachbereichs Stadtplanung der Stadt Mannheim. Und er betonte, dass es Visionen seien, die nicht umgesetzt würden.Tatsächlich hatten einige Gäste erst einmal Orientierungsschwierigkeiten. So meinte die Lindenhöferin Helma Schäfer beispielsweise, während sie auf Ufo-ähnliche Gebilde deutete: „Das ist alles schwer zu überblicken. Manchmal kann ich mir darunter kaum etwas vorstellen.“ Doch die Reizüberflutung verlor sich, wenn man sich ein wenig in die Visionen eingelebt hatte. Erst dann wurde deutlich, wie viel Potenzial eigentlich in den Plänen steckt. Und genau das war auch das Ziel des Wettbewerbs. Er soll, wie Elliger erklärte, Denkanstöße liefern, Inspiration für die „wirklichen“ Planer, die sich nach der Ausschreibung an die Parkgestaltung des Glückstein-Quartiers machen werden. „Und die Stadt kann anhand der Visionen feststellen: Was wollen wir und was nicht“, so der Stadtplaner.

Die 60 Arbeiten, die teilweise von Architekturstudenten im zweiten Semester oder von kleinen Arbeitsgruppen angefertigt wurden, kamen unter anderem aus Finnland, der Türkei, dem Baltikum, Rumänien, Russland oder Großbritannien – und mindestens genauso unterschiedliche Eindrücke hinterließen sie beim Betrachter. Während die einen fast schon monumental anmutende Bauten planten, zauberten die anderen atemberaubend leichte Gebäude mit Brücken, viel Luft und Pflanzen auf den Plan. Nur eines war verwunderlich: Deutsche hatten sich nicht beteiligt. Selbst Stadtplaner Elliger hatte dafür keine wirkliche Erklärung.

Der Gewinner des Wettbewerbs, der Slowene Mato Blatancic, orientierte sich an einer starken Konstruktionslinie, wie er vorort selbst erklärte. Würfelförmige Häuser, die im Sommer weniger, im Winter mehr Sonne abbekommen, die perfekt in den Hanns-Glückstein-Park integriert sind und die Energie sparen – eine weitere Anforderung an die Teilnehmer: Sie sollten die Gebäude in Passivhausbauweise planen. Das Konzept überzeugte die Jury, in der auch der Mannheimer Architekt und Passivhausexperte Roland Matzig saß, bei dem der Slowene neben 1500 Euro ein Praktikum gewonnen hat. Und Matzig war begeistert, redete von „unglaublich erstaunlichen Ergebnissen“. Zurzeit gebe es keinen vergleichbaren Wettbewerb, der so viel Schöpfungskraft hervorbringe, sagte der Mannheimer Architekt.

Und so schwebten die Besucher durch die bunten planerischen Sphären, schmunzelten, träumten oder meinten begeistert: „So etwas wäre wirklich toll.“ Und wer weiß, eventuell schlägt sich ja doch die ein oder andere Studentenidee in der Realität nieder. Denn es bestehen durchaus Überlegungen, gelungene Entwürfe den zukünftigen Quartiersplanern als Beispiel vorzulegen – als kleiner Ideenmotor sozusagen.             jm