Großer Schritt zum Baumerhalt

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Eine Spundwand zur Sanierung des Rheinhochwasserdamms (RHWD XXXIX) in Mannheim ist in den bisher vorliegenden Planfeststellungsunterlagen nicht ausreichend betrachtet worden. Darauf hat die Untere Wasserbehörde Mannheim als Planfeststellungbehörde das Regierungspräsidium Karlsruhe jetzt in einem Schreiben hingewiesen und darum gebeten, detailliertere Unterlagen zur näheren Betrachtung dieser Sanierungsalternative einzureichen.

Zuvor hatten Oberbürgermeister Christian Specht, Erste Bürgermeisterin und Umweltdezernentin Prof. Dr. Diana Pretzell sowie der für den Katastrophenschutz zuständige Dezernent Dr. Volker Proffen der Planfeststellungsbehörde in einem gemeinsamen Schreiben erläutert, warum aus Sicht der Stadt Mannheim als „Trägerin Öffentlicher Belange“ eine selbsttragende Spundwand eingehend geprüft werden sollte.

„Ich setze mich nachdrücklich dafür ein, den aktuellsten anerkannten Stand der Dammbau-Technik zu nutzen, um die Hochwassersicherheit für Mannheim nochmals deutlich zu erhöhen und gleichzeitig so viele Bäume und Sträucher wie möglich auf dem Damm zu erhalten“, erklärt Oberbürgermeister Specht. „Daher haben wir die Möglichkeiten einer selbsttragenden Stahl-Spundwand im bisherigen Damm von einem renommierten Gutachter prüfen lassen.“

Bäume erhalten

 

Der bundesweit anerkannte Dammexperte Dr. Ronald Haselsteiner war in einem von der Stadt Mannheim beauftragten Gutachten bereits 2022 zu dem Ergebnis gekommen, dass eine selbsttragende Spundwand den Eingriff in den vorhandenen Baumbestand erheblich minimieren kann. Gleichzeitig kann eine Spundwand mit ihrer extrem hohen Resilienz den Hochwasserschutz gewährleisten. Die entsprechenden technischen Vorgaben für „Hochwasserschutzanlagen an Fließgewässern“ werden derzeit umfassend überarbeitet.

Eine statisch selbsttragende Spundwand im Damm funktioniert als eigenständiges Hochwasserschutzsystem, das auch dann noch standhält, falls einmal ein außergewöhnlich hohes Hochwasser den herkömmlichen Erddeich überströmen sollte. So verhindert sie das sonst mögliche plötzliche Versagen des kompletten Damms. Beim Einsatz einer Spundwand als Hochwasserschutz ist keine baumfreie Zone zur Verteidigung des Damms nötig.

„Das von uns beauftragte Gutachten und die daraus resultierende Überarbeitung der Planung ist ein großer Gewinn für die Naturlandschaft am Rheindamm: Statt wie bisher vorgesehen den gesamten Damm zu roden, müssen für den Bau der neuen Spundwand nur wenige Bäume entfernt werden. Hochwasserschutz und weitgehender Baumerhalt könnten so gesichert werden“, betont Erste Bürgermeisterin Prof. Dr. Pretzell. Bürgermeister Dr. Volker Proffen ergänzt: „Für den Hochwasserschutz ist die vorgeschlagene Spundwand-Lösung optimal. Wenn der für die Verkehrssicherung ohnehin nötige Weg auf dem Damm so angelegt wird, dass er auch von den Einsatzkräften genutzt werden kann, erhöhen wir damit die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger.“

Das Schreiben und die damit verbundene Einschätzung der Planfeststellungsbehörde sind nicht bindend. Dem Regierungspräsidium Karlsruhe als Vorhabenträger obliegt es nun, seinen Plan zu ändern, zurückzuziehen oder aufrecht zu erhalten.

BIG erleichtert

Für die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof (BIG) sind das hervorragende Nachrichten, wie der Verein in einer Pressemitteilung direkt nach der Bekanntgabe der Stadt Mannheim verlauten ließ. „Seit nunmehr sechs Jahren setzt sich die BIG Lindenhof für den Erhalt des Baumbestands auf dem Rheindamm ein“, so der Wortlaut. „In einer Petition, die mittlerweile von fast 50.000 Bürgern unterschrieben wurde, hat sie bereits 2018 die Stadt Mannheim aufgefordert, eine Hochwasserschutzwand als Alternative zum Kahlschlag zu prüfen. Die Nachricht, die wir heute von der Stadt erhalten haben, klingt wie ein Befreiungsschlag. Sie geht über das hinaus, was wir damals erhofft hatten“.
Da die Stadt nicht nur „Trägerin öffentlicher Belange“ ist, sondern mit der bei ihr angesiedelten Unteren Wasserbehörde die Pläne des Regierungspräsidiums Karlsruhe zur Sanierung des Rheinhochwasserdamms auch genehmigen muss, sind mit der aktuellen Entwicklung die Chancen auf den weitestgehenden Erhalt des Baumbestands auf dem Damm deutlich gestiegen, so weiter in der Mitteilung. 

Bereits vor der Bekanntgabe der Stadt über das Schreiben an das Regierungspräsidium hatte die BIG aus einem ähnlichen Fall zum Polder Bellenkopf/Rappenwört in Rheinstetten, zu dem der Verwaltungsgerichtshof (VGH)  ein Urteil gefällt hatte, Hoffnung geschöpft. Der VGH hatte hier den  Planfeststellungsbeschluss zum Polder für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt und deshalb keine Vorbereitungs- und Bauarbeiten am dortigen Hochwasserdamm XXV durchgeführt werden dürfen. Die Begründung: Die Planfeststellungsbehörde hat die von der Gemeinde Rheinstetten „favorisierte Variante einer Ertüchtigung des Hochwasserdamms XXV durch Einbringung einer statisch eigenständig wirksamen Hochwasserschutzwand auf nicht tragfähiger Entscheidungsgrundlage abgelehnt“. 

Maßgebend für diese Beurteilung waren die Aussagen der beiden Sachverständigen Dr. Roland Haselsteiner und Dr. Andreas Bieberstein in der mündlichen Verhandlung im November. Diesen folgend ging das Gericht davon aus, dass der Hochwasserdamm „unter Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik […] grundsätzlich auch als Hochwasserschutzwand im Sinne […] der DIN 19712 ausgeführt werden könnte“. Vom ersten Tag an hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) auch für den Mannheimer Damm die baumschonende Variante einer Hochwasserschutzwand mit Hinweis auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ und insbesondere auf die DIN 19712 abgelehnt. „Diese Argumentation ist damit zusammengebrochen“, so die BIG in einer Mitteilung vom 1. Januar. „Der aktuelle Beschluss des VGH weist deutlich in eine Richtung: Sie wird dabei die Möglichkeit der baumschonenden Alternative einer Hochwasserschutzwand zu berücksichtigen haben“. 

Einlenken gefordert

Das Schreiben der Unteren Wasserbehörde hat die Chancen des Baumerhalts nun noch einmal durch den Bau mit einer Spundwand beträchtlich erhöht. Das sieht auch der SPD-Landtagsabgeordnete Dr. Boris Weirauch so, der ebenfalls mit einer Pressemitteilung reagierte: „Jetzt ist es amtlich: Die grün-schwarze Landesregierung hat beim Planfeststellungsverfahren zur Rheindammsanierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht und muss jetzt nachsitzen“, kommentiert Weirauch die Nachricht. „Der Landesregierung muss spätestens jetzt klarwerden, dass sie nicht mit dem Kopf durch die Wand eine umweltschädliche Erddamm-Sanierung durchziehen kann. Nur eine durchgehende Spundwand rettet tausende Bäume und schützt zugleich den Mannheimer Süden optimal vor Hochwasser“, fordert Weirauch endlich ein Einlenken des Landes.              zg/sabi