Bilfinger-Absage: „Die Stadt ist nun gefordert“

Bilfinger baut nicht. Das wirft natürlich einige Fragen auf. Auch die Bürger-Interessen-Gemeinschaft Lindenhof (BIG) bedauert die Entscheidung des Bilfinger-Unternehmens, „weil das Glückstein-Quartier damit einen namhaften Konzern verliert, der den südlichen Eingang des Bahnhofs aufgewertet hätte“, wie es in einer BIG-Pressemitteilung heißt. „Lindenhof aktuell“ kontaktierte den stellvertretenden BIG-Vorsitzenden Marc-Oliver Kuhse, der in der BIG für den Bereich Glückstein-Quartier zuständig ist, um seine Sicht der Dinge zu erfahren.

Herr Kuhse, wie beurteilen Sie die Bilfinger-Entscheidung? Ist das ein Schlag ins Gesicht? War das ein Schritt, mit dem man nun überhaupt nicht gerechnet hatte?

Kuhse: Die Entscheidung ist aus Sicht von Bilfinger nachvollziehbar und auch nicht komplett überraschend. Ein Schlag ins Gesicht? Nein. Ein Rückschlag auf der Zeitachse für die Bebauung? Ja.

Könnte die Entscheidung drastische Auswirkungen auf die Glückstein-Pläne haben? Besteht die Gefahr, dass eine Dauerbaustelle entsteht?

Kuhse: Drastisch wäre sicherlich die falsche Vokabel. Aber ohne Auswirkungen wird es nicht bleiben. Die Bilfinger-Entscheidung für sich genommen, ist kein Beinbruch. Die Gesamtvermarktung kommt jedoch nicht so voran wie ursprünglich geplant. Stichwort: Duale Hochschule Baden-Württemberg. Es kann nicht im Sinne der anderen Investoren sein, wenn sich die Bebauungsphase zu lange hinzieht. Man denke an das Parkhaus, das unter anderem von den neuen Bürogebäuden der Nachbarschaft profitieren soll. Oder die Vermarktung der Stadtvillen im Hanns-Glückstein-Park. Auch diese ist einfacher, wenn keine Brachen gegenüber sind. Aber hier bin ich zuversichtlich, dass die Stadt das ähnlich sieht und bereits aktiv geworden ist. Sie kannte die Entscheidung sicherlich schon ein paar Tage vor uns.

Und welche weiteren Schritte sieht denn die BIG nun als sinnvoll an?

Kuhse: Die Stadt ist natürlich gefordert, weiter Energie in die Gewinnung neuer Investoren zu stecken. Gegebenenfalls braucht es ein stärkeres Profil, um sich von anderen Angeboten in und um Mannheim herum abzuheben. Die Nähe zur Universität am einen Ende, die Fachhochschule und weiteren Bildungseinrichtungen am anderen sowie das Mafinex sind auch nach der Absage der DHBW ein Alleinstellungsmerkmal für das Quartier. Im Jungbusch sind es die kreativen Gründer, im Glückstein-Quartier könnten es wissenschafts- beziehungsweise hochschulnahe Gründer sein.

Glauben Sie, dass ein „neuer Bewohner“ schnell gefunden wird? Wen oder was würde sich die BIG wünschen?

Kuhse: Für das spezielle Baufeld von Bilfinger bin ich zuversichtlich. Die Lage ist sehr attraktiv. Ideal wäre wieder eine namhafte Firma mit langfristigem Kommittent zum Standort. Wenn wir uns was „wünschen“ dürften, dann wäre es eine gewisse Clusterbildung. Firmen, die die Nähe zu den Hochschulen ebenso benötigen wie die gute Anbindung an Bahn und den Zugang zu den Rheinwiesen. Das alles wäre ein gutes Umfeld für Arbeitnehmer der jungen Generationen – und damit auch für potenzielle Neubürger auf dem Lindenhof.               jm