Der Lindenhof als Einflugschneise?

Viele Bewohner des Stadtteils wundern sich schon seit einiger Zeit, wieso plötzlich Flugzeuge über die Dächer „donnern“ und den Flugplatz Neuostheim ansteuern – teilweise sogar nach 23 Uhr und mit enormem Lärm. Bereits im vergangenen Jahr wurde diese Problematik von Bezirksbeiratsmitglied Patric Liebscher (Die Grünen) angesprochen, nun fand sich das Thema auf der Tagesordnung der jüngsten Sitzung wieder.

Rede und Antwort stand an diesem Abend dem Bezirksbeirat  (BBR) der Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Air Dirk Eggert. Er  wurde im Vorfeld über die Bedenken der Lindenhöfer informniert und sollte dazu Stellung nehmen.

„Das Thema der Lärmbelästigung ist bei uns immer auf dem Schirm“, versicherte Eggert, es gäbe aber einige Punkte zu beachten. Zum einen gibt es die sogenannte Lärmkarte in Mannheim, dort stehe das Flugzeug hinter der Bahn und dem Auto. Zum anderen – so stellte sich heraus – wären 80 Prozent der Beschwerden über Flugzeuge, die von Frankfurt aus starteten. „Aber natürlich wollen wir die Belastung so gering wie möglich halten“, so Eggert. Das große Problem: „In der Zeit von 6 bis 21 Uhr haben wir überhaupt keinen Einfluss darauf, wer bei uns startet oder landet. Das ist wie auf der Straße mit dem Autoverkehr – wir können keine Flüge verbieten, wir können diese nur versuchen zu steuern“. Zwischen 21 und 6 Uhr sei der Flughafen eigentlich geschlossen, er wird lediglich bei Anlässen geöffnet, die „von öffentlichem Interesse sind“. Dazu gehören beispielsweise dringende Flüge für Organspenden, die aus den Kliniken in Mannheim und Heidelberg abgeholt werden, aber auch die Eishockeymannschaft der Mannheimer Adler, die nachts von einem Auswärtsspiel zurückkommt. „Darüber kann man sicher streiten, was jetzt ‚öffentliches Interesse‘ ist“, so Eggert. Die Zahlen, die er präsentiert, sind allerdings eher harmlos: „Wir hatten 2016 nachts 31 Flugbewegungen“. Das heißt: etwa 15 Starts und Landungen außerhalb der Öffnungszeiten. 39.000 Flugbewegungen waren es insgesamt im vergangenen Jahr, so dass die Zahl der Nachtflüge eigentlich „sehr gering“ sei.

BBR Wolf Engelen (FDP) verweist allerdings auf die geringe Höhe und die Lautstärke, mit der die Flieger über den Stadtteil düsen: „Das hat so manchen vom Balkon gehoben“. So sahen das auch Dr. Ingeborg Dörr (CDU), die auch die Frage nach der Feinstaubbelastung stellte sowie Peter Karbstein (Grüne). „Die Lautstärke verursachte auch bei mir einen leichten Adrenalinstoß“, so Letzterer. Deshalb die Frage: Kann man darauf Einfluss nehmen?

Der Mannheimer Flughafen, erklärte Eggert darauf, sei tatsächlich ein sehr einzigartiger in Deutschland, da er mitten in der Stadt liege und drumherum Wohngebiete sind. „Wir versuchen allerding so oft es geht in Richtung Odenwald zu fliegen – zum Leidwesen der Seckenheimer“, so Eggert, das wäre auch eine ökonomische Frage. Wenn man in die andere Richtung startet und bis man dann in der vorgegebenen Höhe ist, fliegt man bei der Linie nach Hamburg oder Berlin erst einmal fünf Minuten in die falsche Richtung – „und fünf Minuten sind teuer beim Flugverkehr“. Die Mindesthöhe beim Anflug liege bei 19,50 Metern, „aber nur die Höhe ist vorgegeben, nicht der Anflugwinkel“. Allerdings richetet sich der Ab- und der Anflug nach vielen Parametern, wie beispielsweise Wetterverhältnisse, Größe und Schwere des Flugzeugs oder Wind. Hierzu gibt es in Mannheim  seit 1999 das Visuelle Anflugssystem „Papi“. Vor 1999 gab es 18 Tote, die beim Anflug mit ihren Maschinen bei schlechtem Wetter im Odenwald in den Berg flogen, „seit wir das System haben gab es keine Unfälle und Tote mehr“.

Für BBR Patric Liebscher (Grüne) stellt sich allerdings die grundsätzliche Frage, ob der Flughafen überhaupt notwendig sei. „Das Konzept des Regionalflughafens ist überall in Deutschland defiztär und verfehlt. Die schreiben alle rote Zahlen und bekommen Zuschüsse – der Mannheimer Flughafen 500.000 Euro pro Jahr. Wir wohnen eine halbe ICE-Stunde vom Frankfurter Flughafen entfernt, warum legt man die Flüge nicht alle nach dort hin?“

„Das“, antortet Eggert, „ist unmöglich. Hier stehen 145 Flugzeuge, wo sollen die denn alle hin? In Frankfurt gibt es auch keinen Platz“. Außerdem könne man dort die Flüge überhaupt nicht garantieren, „die kleinen Maschinen werden dort terminlich gar nicht berücksichtigt“. Das ist ein Vergleich von Äpfel mit Birnen, auch was die Kosten angehe. Im letzten Jahr hätte Mannheim sogar schwarze Zahlen geschrieben. Außerdem bemühe er auch stets einen Vergleich mit der  Kurpfalzbrücke bei solchen Anfragen: „Kein Mensch fragt, was die Brücke finanziell eingebracht hat. Das ist nun mal so, das ist Infrastruktur. Und Infrastruktur kostet Geld“. Einen kleinen Seitenhieb konnte sich Eggert auch nicht in Richtung Liebscher verkneifen: „So weit ich weiß, fliegen auch Kollegen von Ihrer Partei von Mannheim aus nach Berlin“.

Stadträtin Dr. Adelheid Weiss (CDU), selbst praktizirende Ärztin, zeigte für die Flüge auf jeden Fall Verständnis. „Wir Ärzte sind sehr froh, dass wir den Flughafen haben. Bei Organspenden muss es immer sehr schnell gehen“. Und auch Dr. Michael Kost (Freie Wähler) sieht das so: „Auch ich selbst habe schon Flugzeuge gehört. 31 Flugbewegungen sind aber gerade mal 0,2 Prozent der Flüge – das ist, so meine ich, eine zumutbare Belastung für den Bürger. Vor allem, wenn es um Organspenden geht“.

Ein anderes Problem sprach in diesem Zusammenhang Marc-Oliver Kuhse von der BIG in der anschließenden Fragerunde an: Oldtimer-Maschinen, die immer samstags oder sonntags mit einem enormen Lärm den Stadtteil überqueren. „Linienflüge sind ja in zehn Sekunden drübergeflogen, die alten Maschinen brauchen meist fünf Minuten“, so Kuhse. Diese Problematik musste Eggert eingestehen, aber auch hier sind ihm die Hände gebunden. „Das ist wie beim Autoverkehr. Wenn die Maschinen zugelassen sind und innerhalb der Flugplatz-Öffnungszeiten fliegen, können wir daran nichts ändern. Das ist uns sogar verboten.“ Die einzige Möglichkeit, die dem Flughafen bleibt, ist es über die Gebühren ein wenig einzudämmen. „Oldtimer zahlen bei uns die dreifache Gebühr“, so Eggert.

Der zweite Punkt der Tagesordnung betraf den Stand in Sachen Sanierung des Meeräckerplatzes, Oliver Sachs und Harald Thiele vom Fachbereich Tiefbau der Stadt Mannheim berichteten. Und dies in einem enormen Tempo, denn die einzige Nachricht, die das Thema betrifft, ist die, dass sich der Start der Sanierung um etwa ein halbes Jahr verzögert, weil der Architekt, der den ursprünglichen Entwurf geliefert hatte, vom Projekt abgesprungen ist. Für den Beginn der Arbeiten ist nun der Oktober in diesem Jahr angepeilt.

Diese Information rief aber nun die Bezirksbeiräte und Stadträtin Weiss auf den Plan: „Seit 14 Jahren geht es nun um den Meeräckerplatz, und es ist noch nichts passiert“, so Weiss. Wolf Engelen hierzu: „Es waren ja schon einmal Gelder eingestellt für die Sanierung, die sind dann einfach verschwunden“. Deshalb sind wir Lindenhöfer bei diesem Thema sehr sensibilisiert“, so der BBR. „Falls das wieder nichts wird, dann haben sie die Lindenhöfer am Hals“. Und auch Peter Karbstein bemerkte: „Wir werden das sehr genau beobachten“.

Die beiden Herren vom Tiefbauamt nahmen das zur Kenntnis, bemerkten aber auch: „Glauben Sie, wir drehen in der Verwaltung Däumchen? Das ist ein hochkompliziertes Verfahren, das braucht seine Zeit“, so Thiele. Auf den großen Unterschied zu damals, als die Gelder für andere Projekte eingesetzt wurden, machte Oliver Sachs aufmerksam: „Damals gab es überhaupt keinen Auftrag für uns zur Sanierung. Den gibt es jetzt. Wir machen das. Und das muss dann auch vom Kämmerer bezahlt werden“.         sabi