Eine „Riesenserie“ hingelegt

Die Handballer der TSG Ludwigshafen-Friesenheim haben sich nach dem doch ziemlich bitteren Erstligaabstieg –  zum Klassenerhalt fehlten den Eulen ganze drei Punkte –  sportlich richtig gut gefangen. Eine Selbstverständlichkeit war das angesichts von 13 Abgängen und neun Neuzugängen nun wirklich nicht. Der neue Cheftrainer Ben Matschke formte ein Team, das nach einem 6:10-Punkte-Start im weiteren Verlauf zur Überraschungsmannschaft in der auf 21 Klubs aufgeblähten zweiten Liga geworden ist.  

Von Gerold Kuttler

Ausgelöst vom Auswärtssieg in Hamm, wurden Regisseur Nico Büdel und seine Kollegen fortan zur Spaßbremse für den jeweiligen Gegner. Ob in Coburg oder in Nordhorn, ob in Hagen oder in Rostock, die Punkte nahmen die Rothemden mit auf die Heimreise. Und die Rückfahrten haben sich mittlerweile zu ganz eigenen Events entwickelt – Kai Dippe und seinem musikalischen Equipment sei Dank, ergänzt durch ein Stroboskop und eine Nebelmaschine. Und weil die Matschke-Auswahl ihr eigenes Revier bislang auf geradezu wunderbare Weise verteidigt hat, stehen nach 21 Begegnungen 30:12 Zähler zu Buche. Mit dieser Ausbeute sind die Rothemden hinter allen drei Aufstiegskandidaten auf Rang vier eingereiht, was Kapitän Philipp Grimm mit den Worten beschreibt: „Wir haben eine Riesenserie hingelegt und eine überragende Platzierung erreicht. Das hätte keiner erwartet.“

 

Grimm: „Coole Typen“ mit „Bock auf Handball“

 

Was steckt hinter diesem erfolgreichen Abschneiden? Und wie ist diese Hinrunde zu erklären? Dazu Keeper Kevin Klier, der mit Roko Peribonio ein phänomenales Torhüterduo bildet: „Vor der Saison hatten wir die Hoffnung, dass sich die Mannschaft möglichst schnell zusammenfindet und nicht unten reinrutscht. Und das hat gut geklappt.“ Philipp Grimm findet, dass „wir nur coole Typen in die Mannschaft bekommen haben, die alle Bock auf Handball haben. Das passt super zusammen.“ Marco Hauk, der die gesamte Hinrunde wegen einer Fußverletzung verpasste, fasst zusammen: „Mit der Entwicklung der Mannschaft kann man sehr, sehr zufrieden sein. Das war nach dem großen Umbruch und trotz einer guten Vorbereitung nicht zu erwarten. Jeder hat sich nahtlos eingefügt und seine Position im Team gefunden.“ Kevin Klier nennt weitere Gründe: „Nach einigen Spielen haben die etablierten Spieler ihr Leistungsniveau erreicht und die Jungen sind in ihren Leistungen immer stabiler geworden und haben auch Leistungsspitzen erreicht.“ Und fügt hinzu: „Wir haben jetzt viele Führungsspieler, die viel miteinander sprechen. Ein Bonus ist sicherlich unsere breite Bank.“ Hier setzt auch Marco Hauk an: „Ben, unser Trainer, holt alle Spieler ab, das hat er perfekt gemacht. Auch die, die zunächst auf der Bank sitzen, kommen zu ihren Einsatzzeiten. Das ist ein Grund für den Erfolg.“

Chefcoach Ben Matschke ist sehr kommunikativ, arbeitet mit Akribie und überlässt nichts dem Zufall. Und fühlt sich mit den TSG-Fans besonders verbunden. So kam der 33-jährige Lehrer, der im September 2012 einen zweiten Kreuzbandriss erlitt und seine aktive Karriere beenden musste, extra an den Fanbus, der am dritten Adventssonntag nach Hagen fuhr.

Apropos Fans: Den finalen 27:22-Sieg anno 2015 über Springe sahen 1800 Zuschauer, was Saisonrekord ist. Und feierten nach der Schlusssirene nicht nur den Erfolg der Eulen, sondern mit „Einpeitscher“ Kai Dippe auch die bereits legendär gewordene Humba. Philipp Grimm schätzt die Unterstützung durch die Fans:“ Sie stehen wie eine Wand hinter uns und sind ein Faktor.“

„Wir geben das Bestmögliche, um die Zuschauer in die Halle zu ziehen“, sagt Kevin Klier und weist auf einen Umstand hin, der zumindest diskutabel ist: „Die 2. Bundesliga ist nicht so interessant wie die 1. Liga. Eine Einteilung in eine Süd- und eine Nordstaffel wäre besser.“ Das würde geringere Kosten bedeuten und der Reiz für Spitzenvereine der 3. Ligen wäre ungleich höher, im Falle einer Meisterschaft das Aufstiegsrecht auch wahrzunehmen und nicht darauf zu verzichten. Und darüber hinaus gäbe es das eine oder andere Derby mehr und auch mehr Zuschauer. „Das Konstrukt der einteiligen zweiten Liga ist fehlgeschlagen“, urteilt Philipp Grimm.

Ist der vierte Rang zur Winterpause, die am 7. Februar mit der Partie beim Tabellenzweiten GWD Minden zu Ende geht, eine Bürde oder eher ein Ansporn? „Wir wollen eine gute Rückrunde spielen, wobei der vierte Platz bei der Mannschaft kein Thema ist“, sagt Kevin Klier. „Die Situation ist sehr angenehm und lässt uns wesentlich entspannter in die Rückrunde gehen.“  Verena Dietrich, die Geschäftsführerin, hofft, dass „die Mannschaft trotz eines nicht einfachen Startprogramms an die Leistungen anknüpfen kann. Wenn es sportlich so weiterläuft wie bisher, wünsche ich mir, dass das Team auch am Ende den vierten Platz belegt.“

Für Marco Hauk ist „sportliche Weiterentwicklung das wichtigste. Und ich erwarte mehr Konstanz, das wird in der Rückrunde eine Rolle spielen. Wir werden uns nicht zurücklehnen und uns auf dem bisher Geleisteten ausruhen. Jeder wird zeigen wollen, was er kann.“ Aufgrund der bemerkenswerten Auftritte, die bei der Konkurrenz aufmerksam registriert werden, weiß Ben Matschke: „Ein Stück der Underdogrolle werden wir verlieren.“ Und wünscht sich, dass die Zuschauerzahl auf dem zuletzt erreichten Niveau konserviert werden kann. Und noch etwas: „Dass wir in unseren Heimspielen weiter erfolgreich sein werden.“ Am liebsten wäre es Philipp Grimm, wenn „wir die Hinrunde spiegeln könnten. Ich wünsche mir dieselbe Punkteausbeute auch in der Rückrunde, doch das wird sehr schwer. Wenn wir am Ende unter die ersten Acht kommen, wäre das aller Ehren wert.“

Das Team von Trainer Ben Matschke beeindruckt mit Leidenschaft, Ehrgeiz und Freude, ist eine verschworene Gemeinschaft und bietet Handball mit einem hohen Unterhaltungswert. Abwehrchef Gunnar Dietrich und seine Mitstreiter werden diese Tugenden auch weiter in die Waagschale werfen und der Liga guttun wie eine frische Brise im Sommer. Handball in der Friedrich-Ebert-Halle ist ein kurzweiliges Vergnügen, ist Wertarbeit im besten Sinne und dazu auch noch umwerfend erfolgreich. Roko Peribonio gehört der Schlusssatz: „Ich hätte nie gedacht, dass man in einer Mannschaft so viel Spaß haben und dazu auch noch so erfolgreich sein kann.“

i Wer jetzt Lust auf die Eulen bekommen hat, kann diese am Samstag, 13. Februar, live erleben. Dann ist der SV Henstedt-Ulzburg zu Gast. Spielbeginn in der Friedrich-Ebert-Halle ist um 19 Uhr. Die nächsten Heimspiele sind dann am 24. Februar gegen HC Erlangen und 5. März gegen VfL Bad Schwartau. Tickets und weitere Infos rund um das Team gibt es unter www.die-eulen.de.